Juwel Klosterforst
Forstwirtschaft ist Wirtschaftsfaktor des Klosters Loccum
Mehr als nur ein geistlicher Ort ist das Kloster Loccum bereits seit seiner Gründung, denn schon die ersten Mönche, wussten darum, dass das Arbeiten nahezu ebenso wichtig wie das Beten ist.
Das zweite Standbein für das Kloster ist das Predigerseminar. Dadurch, dass die Landeskirche sich für diese Ausbildungsstätte Loccum als Sitz gewählt habe, komme das Kloster erst in den Genuss der vielfältigen Sanierungsarbeiten, die derzeit Unruhe in die Beschaulichkeit des Lebens hinter Klostermauern bringen, fügt Hirschler hinzu. Das dritte Standbein für den Wirtschaftsbetrieb ist unterdessen der Forst – und wie es um ihn bestellt ist, wollte der Konvent des Klosters in einer Klausurtagung genauer wissen.
Licht – das ist ein sehr wichtiges Stichwort in Sierks Arbeit. Licht muss den Waldboden erreichen können. Nur so wachsen neue Bäume nach, bleibt des Gleichgewicht des Forstes mit jungen, alten und teilweise auch sehr alten Bäumen erhalten. Um das gewährleisten zu können, muss Sierk also das Schicksal der Bäume steuern und darüber entscheiden, wo die Säge angesetzt werden soll.
Lauscht man Christoph Böckmann, dann macht Sierk seine Sache sehr gut. Böckmann führt ein Beratungsbüro für Forstbetriebe. Für das Kloster Loccum hat er soeben seinen dritten Inventur-Bericht fertiggestellt. „Forsteinrichtung“ nennt sich dieser Bericht. Darin enthalten ist der Ist-Zustand des Waldes. Wie alt sind die Bäume, wie hoch, wie dick, in welcher Menge und in welchen Arten stehen sie auf den jeweiligen Flurstücken? Auf dieser Grundlage stellt er Vergleiche zu seinen früheren Loccumer Berichten an. Wie hat sich der Wald entwickelt? Ist er festgelegten Zielen nähergekommen? Und was sollen die Ziele des Forstes für die kommenden zehn Jahre sein?
Zehn Jahre – das ist der Rhythmus, in dem solche Forsteinrichtungen erstellt werden. Schnelllebig ist das beileibe nicht und so müssen die Ziele mit Bedacht gewählt werden. Zehn Jahre sind dabei allerdings noch eine sehr kleine Zeitspanne. Was heutzutage entschieden wird, das kommt in manchen Fällen erst in 190 Jahren zur Ernte.
Wie „bunt“ der Wald ist, zeigt er dem Konvent eindrücklich mit einer Karte des Gebietes, das „Sündern“ genannt wird und das direkt an das Kloster anschließt – jener Teil des Waldes, in den er und Sierk den Konvent zu einem Spaziergang geführt haben. Ein kleinteiliger Flickenteppich aus unterschiedlichen Baumarten ist auf dieser Karte zu sehen. Beim Spaziergang wird diese Vielfalt noch einmal deutlich. So wird der Wald für Spaziergänger zum Genuss, ist aber auch für die Kasse des Klosters genau richtig. Sierk nennt das den „Bauchladen an Baumarten“ – nur so könne der Betrieb wirtschaftlich arbeiten.
Eine der ältesten Forsten Deutschlands nennt das Kloster sein eigen. Der Stiftung, die 1163 die Gründung des Klosters möglich machte, ist schließlich nie ein Eigentümer-Wechsel gefolgt. Und von Beginn an war den Klosterherren klar, dass dieser Wald für ihre Existenz notwendig ist. Bauholz, Holz zum Heizen, Holz zum Verkaufen und noch viele andere Verwendungsmöglichkeiten sorgten dafür, dass das Kloster in vielerlei Hinsicht durch den Wald florieren konnte.
Der Aspekt der Wirtschaftlichkeit wird in Loccum aber auch mit dem Aspekt der Ökologie gepaart. Artenreichtum, der natürliche Wuchs und Nachhaltigkeit sind Stichworte, die immer wieder fallen. Die Forstleute seien ohnehin die Erfinder des heutzutage so oft bemühten Ausdrucks der Nachhaltigkeit, sagt Böckmann. Schon vor 300 Jahren, als in Deutschland eine große Holzarmut herrschte, hätten sie ein Kontrollinstrument gefordert und eingeführt, dass der Holzknappheit auf lange Sicht entgegenwirken konnte.
Dass der Klosterforst nicht nur wirtschaftlich betrachtet werden sollte, sondern zudem auch die touristische Attraktivität des Klosters fördert, ist ein weiterer Aspekt, den Sierk betont. Der Konvent solle in seine Überlegungen bitte auch dieses einbeziehen, sagt der Klosterförster den Herren, nachdem er sie auf Waldpfaden bis hin zur Luccaburg geführt hat.
Text und Fotos: ade