Rehburgs älteste Besiedlung
Archäologische Untersuchungen der Düsselburg bestätigen manches
Mehr als 100 Jahre hat sich niemand ernsthaft für die Überreste der Düsselburg bei Rehburg interessiert. Nun haben einige Archäologen die ehemalige Ringwallanlage etwas genauer unter die Lupe genommen.
Den besten Überblick über die Lage der Düsselburg liefern Luftaufnahmen. Foto: Ronald Reimann
Rehburgs „Düsselburger Straße“ immer geradeaus fahren, das Ortsausgangsschild um einiges hinter sich und sich nicht beirren lassen – dann folgt irgendwann ein Hinweisschild zur Ringwallanlage „Düsselburg“. 800 Meter sind es dann noch einmal bis vor einem Straßenknick der Blick auf zwei steinerne Tisch, einige Bänke und eine verwitterte Hinweistafel fällt. Die Düsselburg soll dort einmal gestanden haben. Dort, wo eine Weide nun für Pferde abgezäunt ist. Rings um diese Weide stehen Bäume auf leichten Erhöhungen. Das war früher einmal der Ringwall, der diese Burg vor Feinden schützen sollte. Im hinteren Bereich sind hinter dem Wall noch Einschnitte ins Gelände, denen ein weiterer Wall folgt, zu erkennen. Das war ein Teil des Systems, mit dem die Bewohner einen überraschenden Einfall verhindern wollten – herauf und herunter und wieder herauf ist der Weg irgendwo hinein beschwerlich.
Im Inneren des zirka 120 Meter im Durchschnitt messenden Rundes kommt eine kleine Herde Rappen neugierig angaloppiert, holt sich einige Streicheleinheiten ab, als eine Besuchergruppe auf die Weide geht, und zieht dann wieder ab. Die Pferde kennen das mit dem Besuch schon ziemlich gut aus den vergangenen Monaten. Schließlich haben etliche Studierende der Archäologie von der Universität Göttingen so manche Vermessungen auf dem Gelände vorgenommen, das doch eigentlich nur eine Pferde-Weide ist.
Fritz Mackeben, Vorsitzender des Rehburger Bürger- und Heimatvereins, habe ihn angesprochen, sagt Jens Berthold, der Kommunal-Archäologe für die Landkreise Schaumburg und Nienburg ist. Ob es nicht an der Zeit sei, den Geheimnissen der Düsselburg auf den Zahn zu fühlen. Weil seine „rechte Hand“ Tobias Scholz gerade noch Kapazitäten frei gehabt habe und diese Düsselburg ein gutes Objekt für ein Projekt mit Studierenden sein könnte, willigte Berthold ein. Scholz kenne er bereits seit vielen Jahren, noch aus dessen Studienzeit. Nun arbeite er für die Uni Göttingen – und so konnten die Forschungen beginnen.
Die Hinweistafel an der Düsselburg hat der Bürger- und Heimatverein in den 1980er Jahren aufgestellt
Eine gute Grundlage, sagt Scholz, hätten die Ergebnisse von 1904 geliefert. Damals sei das Gelände erstmals vermessen worden. Und damals gab es auch Grabungen. Rund 30 Kilogramm Scherben aus diversen Epochen seien bei jenen Grabungen geborgen worden – manche davon lagerten nun im Rehburger Heimatmuseum, der überwiegende Teil in Hannovers Landesmuseum.
Auf die vorrömische Eisenzeit, also rund 1.000 Jahre vor Christus, sind viele der Scherben datiert worden. Andere stammen aus dem 9. Und 10. Jahrhundert nach Christus, weitere sind nochmals 200 Jahre jünger. Ihren Namen „Düsselburg“ führt die Burg indes wegen der ersten Erwähnung dieses Fleckens – so wird das Gelände in einer Urkunde von 1207 genannt. Damals, meint Berthold, war sie als Burg schon längst passé.
Dass es die Düsselburg in dieser Funktion um 1200 nicht mehr gab – das wissen die Archäologen. Wann dort allerdings eine wehrhafte Anlage war, das wissen sie nicht. Die ältesten der Funde, die 1904 geborgen wurden, könnten durchaus auch von einer Siedlung stammen, die dort schon lange vor der Burg gewesen sei, sagen Berthold und Scholz. Eine gewisse Vorstellung davon, wie die Burg ausgesehen haben könnte, geben sie dennoch ab.
Im Mittelalter – und womöglich schon viel früher – wurde hier Schutz geboten, nun dient das Gelände der Düsselburg als Pferdeweide.
Rund 400 Meter Wehranlage ringsum sollen es gewesen sein. Eine hölzerne Palisade mit einem Wehrgang. Der Eingang in die Burg, der habe sich gegenüber dem Platz befunden, an dem nun die Hinweistafel stehe. Der Ort sei klug gewählt, denn die Düsselburg habe sich auf einer Landzunge befunden – von drei Seiten durch den Schäfergraben und den Steinhuder Meerbach geschützt. Feinde hätten entweder mühsam Graben und Bach überqueren oder gut sichtbar an einem großen Stück des Wehrgangs entlang gehen oder reiten müssen. Die Torsituation sei bereits 1904 rekonstruiert worden. Damals fanden die Forscher Pfostenlöcher. Von dem Holz der Pfosten war schon lange nichts mehr vorhanden, nahezu revolutionär war es seinerzeit, aus den unterschiedlichen Bodenzusammensetzungen auf jene Pfosten zu schließen.
Bei der Frage nach der Anzahl der Bewohner der Burg schüttelt Berthold nur den Kopf. Jede Zahl, die er nenne, könne nur falsch sein. Er gibt aber zu bedenken, dass 400 Meter Wehrgang nicht von einer Handvoll Soldaten hätten verteidigt werden können. Worauf die Anlage in ihrer relativen Großzügigkeit auf jeden Fall schließen lasse, sei aber eine adelige Familie, die sie gehalten habe. Welches Adelsgeschlecht das gewesen sein könnte, liegt dann wieder völlig im Dunkeln.
Was die Archäologen nun untersucht haben, sind in erster Linie die geophysikalischen Daten der Anlage. „In den Boden hineinhören“, nennt Berthold das. Scholz zeigt zusätzlich eine Untersuchung zahlreicher Kernbohrungen, die im Inneren und auf dem Wall gemacht wurden. Die Scherben von damals sind ebenso unter die Lupe genommen worden. Viele der Ergebnisse von 1904 haben die Archäologen nun bestätigt.
Froh über neue Erkenntnisse zur Düsselburg: Fritz Mackeben, Tobias Scholz, Jens Berthold und Ronald Reimann.
Um den Boden geophysikalisch untersuchen zu können, haben vorher etliche zupacken müssen. Enno Holzhausen, der im alten Bauernhaus neben der Düsselburg lebt und der die Pferdeweide gepachtet hat, setzte einen ganzen Misthaufen um. Der Bürger- und Heimatverein rückte zu einem Arbeitseinsatz an, um Gestrüpp auf dem Wall zu entfernen. Und Ronald Reimann, ehrenamtlich Beauftragter der Denkmalpflege, machte nähere Bekanntschaft mit den Pferden, als er zwei Tage lang mit dem Metall-Detektor den Boden absuchte. Dabei sei es keineswegs um Funde aus der Ursprungszeit gegangen, sagt Reimann schmunzelnd. Er suchte vielmehr die neuzeitlichen metallenen Hinterlassenschaften aus der oberen Schicht heraus, um den Archäologen verfälschte Ergebnisse zu ersparen.
Ein Glücksfall, sagen Berthold und Scholz, sei es auch gewesen, dass gerade in diesem Jahr das Landesamt für Denkmalpflege große Teile Niedersachsens per Hubschrauber mit Lasern vermessen habe. Der Baumgürtel auf dem Wall deute zwar immer noch an, wo dieser Wall denn einmal gewesen sei, mache die Vermessungen aber auch extrem schwierig. Die Lasertechnik arbeite jedoch so, dass Strahlen, die zwischen den Bäumen bis auf den Boden fallen ein Bild der tatsächlichen Geländebeschaffenheit abgeben.
Enno Holzhausen hat das Gelände der Düsselburg gepachtet – und zeigt eine alte Fotografie, auf der der Baumgürtel den Ringwall markiert.
All diese Untersuchungen bestätigen nun manches, was bereits bekannt war und fügen dem einige weitere Details hinzu. Nicht zuletzt, sagt Berthold, wüssten sie nun genauer, an welchen Stellen sich eines Tages Grabungen lohnen könnten. Solch ein Eingriff in den Boden ist jedoch in absehbarer Zeit noch nicht geplant. Dafür muss Berthold Zeit haben, müssen studentische Hilfskräfte zur Verfügung stehen – und auch Geld muss vorhanden sein. Schon die jetzigen Untersuchungen, sagt Berthold hätten lediglich realisiert werden können, weil zum einen die Universität Göttingen kostenlos Personal zur Verfügung gestellt und zum anderen der Landschaftsverband Weser-Hunte alle weiteren Kosten übernommen habe. Aber wenn auch die Erkenntnisse zur Düsselburg nur ein sehr unvollständiges Bild zu ihrer Geschichte abgeben, so stehe doch außer Frage, dass sie der vermutlich älteste besiedelte Fleck in der Umgebung Rehburgs war. Mit dem Bau der Reheburgk, die dem Ort seinen Namen gab, wurde jedenfalls erst Jahrhunderte später begonnen.
Februar 2019
Text und Fotos, soweit nicht anders vermerkt: ade