Traumberuf: Landwirt
An dem großen Ziel von Julian Voigt hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert. Schon im Kindergartenalter stand für ihn fest, dass er Landwirt werden und den Familienbetrieb übernehmen will.
Diesem Ziel kommt er jetzt, im Alter von 24 Jahren, mit großen Schritten näher und arbeitet daraufhin, den Hof von 30 auf 120 Kühe zu vergrößern.
„Überlege dir das genau“, ist ein Satz, den Julian Voigt oft zu hören bekommen hat. Genau überlegen, ob er den Hof am Rande Rehburgs, auf dem er gemeinsam mit Eltern, Geschwistern und Großeltern aufgewachsen ist, übernehmen will. Bis vor wenigen Jahren führte sein Großvater den Betrieb noch, hatte rund 30 Kühe im Stall stehen, Hühner, Ziegen und Damwild in kleiner Zahl dazu und einige Hundert Schafe – ein viel zu kleiner Hof, um heute noch wirklich rentabel zu sein und einer, auf dem lange Zeit keine größeren Investitionen getätigt wurden.
Die Ausgangslage war also nicht optimal. Das war dem jungen Mann all die Jahre immer klar. Der Wunsch, diesen Betrieb trotzdem zu führen, hat ihn aber nie verlassen, hat ihn durch seine Kindheit begleitet, hat ihn nach der Schule die entsprechende Ausbildung machen lassen und beschäftigt ihn derzeit, wenn er mit Architekten und Banken erste Gespräche führt. Sein Wunsch soll jetzt nämlich Wirklichkeit werden.
Die Anfänge waren bei ihm wie vermutlich in vielen landwirtschaftlichen Betrieben: Das hautnahe Miterleben des Arbeitens auf einem Hof, die Unterstützung beim Füttern, Melken, auf den Feldern, die ganz selbstverständlich ist, die ersten eigenen Kleintiere. Kaninchen und Meerschweinchen hat er früh schon selbst gezüchtet, hat in seinem Zimmer Wüstenrennmäuse gehalten, natürlich einen eigenen Hund gehabt und – schon ganz Geschäftsmann – die Eier seiner Zwerghühner verkauft.
Über das zu erwartende Maß hinaus ging es hingegen sicherlich, als er sich im zarten Alter von zwölf Jahren entschloss, eine eigene Herde Galloways zu kaufen. Beharrlich und tatkräftig, wie er so manches in seinem Leben schon angepackt hat, setzte er den Plan in die Tat um. Im Fernsehen hatte er einen Beitrag über weiße Galloways gesehen – genau solche wollte er haben.
Taschengeld stopfte er von diesem Zeitpunkt an nur noch ins Sparschwein, zum Geburtstag wünschte er sich Geld und auch das kleine Salär, das sein Großvater ihm für die tatkräftige Unterstützung im Stall gab, legte er auf die hohe Kante, um seinen Traum wahr werden zu lassen. Viel Geld hatte er gespart, den Rest gab sein Großvater dazu. Fünf weiße Galloway-Kühe und einen Bullen kauften sie, die dann auf einer Weide nahe dem Hof standen. Das erste Kalb aus dieser kleinen Zucht erlangte damals eine gewisse Berühmtheit, weil ihm eine frappierende Ähnlichkeit mit dem von Hand aufgezogenen Eisbär-Baby Knut nachgesagt wurde. So weiß, so klein und so niedlich.
Der Rehburger Knut musste nicht mit einer Flasche aufgepäppelt werden – wohl aber das Lamm „Montag“. Jenes Lamm, an einem Montag geboren, wuchs mutterlos auf und hätte eigentlich nicht überlebt – wenn Julian Voigt nicht bereit gewesen wäre, es mit der Flasche groß zu ziehen und dafür von frühmorgens bis spätabends gerade zu stehen.
Knut und auch Montag wuchsen und gediehen. Wie viele andere Tiere unter Julian Voigts Obhut auch. Die Galloway-Herde ist bis heute auf 13 Kühe und einen Bullen angewachsen und auch fünf Kälber tummeln sich auf der Weide. Gelegentlich wird eines der Tiere zum Schlachter gebracht – Bauernhof-Alltag, wie er ihn ebenfalls seit Kindesbeinen kennt.
Seinen Wunsch, den Hof zu übernehmen und auszubauen, haben solche Erlebnisse sicherlich immer wieder bestärkt und eigentlich wollte er mit der Ausbildung zum Landwirt am liebsten gleich nach der Schulzeit beginnen.
„Lerne doch erst einmal etwas Vernünftiges!“ – So ähnlich, sagt er, hätten sich seine Eltern damals aber geäußert. Etwas Vernünftiges – also einen Beruf, auf den er aufbauen kann, wenn der große Traum doch platzen sollte.
So lernte Julian Voigt bei „Kali + Salz“ in Bokeloh Industriemechaniker – und begann erst dann mit der eigentlichen Wunschausbildung: zwei Jahre für die Ausbildung zum Landwirt, dann ein Jahr an der Fachschule Agrarwirtschaft zum „staatlich geprüften Wirtschafter“. Das nächste Ziel für ihn ist ein Jahr Ausbildung zum Betriebswirt, damit er später selbst ausbilden darf. Um damit beginnen zu dürfen, muss er ein Praxisjahr auf einem Hof nachweisen – was er nun zu Hause macht. Dieses Jahr nutzt er, um vorzubereiten, was nach langem Weg immer noch sein Ziel ist: Den Familienbetrieb übernehmen und so aufbauen, dass er rentabel wirtschaften kann.
Gemeinsam mit Vater und Großvater überlegt und plant er dazu, hat bereits ein Architekturbüro gebeten, erste Pläne zu entwerfen, ist im Gespräch mit Kreditinstituten und ist auch vor dem gar nicht so kleinen Brocken, mit dem alles finanziert werden soll, nicht bange. „Hopp oder Top“, sagt er dazu nur grinsend – er weiß, was er will, denkt seit Jahren gründlich darüber nach und arbeitet weiter konsequent darauf zu.
Erste Kalkulationen haben ergeben, dass ein Stall für 120 Stück Milchvieh die ideale Größe ist. Der Stall soll hinter dem Haus gebaut werden, Vorstellungen zur Melktechnik hat er bereits und geht davon aus, dass er noch ein wenig mehr Land zur Bewirtschaftung benötigen wird als die 95 Hektar, die sie bislang haben. Weidehaltung hat er momentan nicht im Blick. Dafür gebe es bei den Rehburger „frischli“-Milchwerken, die sein Abnehmer sein werden, noch kein Programm. Ausschließen will er das für die Zukunft aber ebenso wenig wie die Umstellung auf einen Bio-Betrieb und auch solche Extras wie eine kleine Biogasanlage - allein schon, um der Gülle Herr zu werden - bezieht er in seine Gedanken ein.
Unterstützung bekommt er bei allem von seiner Familie und dass sein Arbeitstag, der doch jetzt schon bei zehn bis zwölf Stunden an sieben Tagen pro Woche liegt, dann vermutlich noch länger wird, schreckt ihn ebenfalls nicht. Für sein Hobby Sommer-Biathlon, bei dem er immerhin schon einmal den zweiten Platz bei einer Deutschen Meisterschaft in einer Staffel ergattert hat, bleibe immer noch Zeit, meint er, und ähnliches gelte auch, wenn er bei der nächsten Kommunalwahl in den Ortsrat gewählt werden sollte. 2016, mit 22 Jahren als jüngster Kandidat, hatte er sich erstmals auf der Liste der CDU aufstellen lassen und den Einzug nur knapp verpasst. Wie verortet und zielstrebig Julian Voigt ist, zeigt auch das.
März 2019
Text und Fotos: ade