Die Welt ganz oben - Rehburgs Feuerwehrturm
Lars Brümmer kann sich an das melodische „Klong“ der Kupplungen nicht mehr erinnern.
Dabei hat der 50-jährige Ortsbrandmeister sein ganzes Leben in Rehburg verbracht. „Klong“ muss es vor seiner Zeit getönt haben, wenn die Schläuche der Feuerwehr nach einem Einsatz im Turm am Rehburger Marktplatz zum Trocknen aufgehängt wurden. Wenn der Turm diesen Daseinszweck auch schon lange nicht mehr hat, so ist er doch immer noch ein Gebäude, das Blicke auf sich zieht.
Brümmer hat die Schlüsselgewalt. „Auch ziemlich historisch“, sagt er grinsend und hält einen langen Bartschlüssel in die Höhe, bevor er die grüne Tür mit den verschlungenen Metallbeschlägen öffnet. „Moment!“, ruft er – und zerreißt energisch die dicht gewobenen Spinnweben im Eingang. Allein das macht deutlich: Diese Tür wird selten geöffnet.
Im Inneren führen zwei Leitern nach oben. Schmal. Steil. Und, nun ja: Auch ziemlich eingestaubt. Auf der ersten Empore lässt sich eine Tür nach außen öffnen. „Den Balkon haben wir wieder in Ordnung gebracht“, sagt Brümmer und stampft zur Veranschaulichung der Haltbarkeit fest auf die Bohlen.
„Wir“ – damit meint er die Feuerwehr. Eine Art Ehrensache ist das. Denn wenn die Freiwilligen von Rehburgs Feuerwehr dieses Gebäude auch schon so lange Brümmer zurückdenken kann, nicht mehr benötigen, so stehen doch immer noch das Gründungsjahr 1895 und das Feuerwehrmotto „Gott zur Ehr‘, dem Nächsten zur Wehr“ über der Tür. Das verbindet. Und lässt die Feuerwehr schon mal mit dem Hubwagen anrücken, damit die Farbe rundum aufgefrischt und morsche Balkondielen ausgetauscht werden.
Gründungsjahr 1895? Da muss dem Architekten wohl ein Fehler unterlaufen sein, meint Brümmer. 1896 war es, als Rehburg eine Feuerwehr bekam. Das weiß er genau, denn noch in diesem Jahr soll deren 125-jähriges Bestehen gefeiert werden. Sofern die Corona-Pandemie es erlaubt.
Der Turm wurde erst einige Jahre nach der Gründung errichtet. Damals stand daneben das Feuerwehrgerätehaus.
1908 wurde der Turm errichtet, unter Planung und Bauleitung von Wilhelm Meßwarb. Der war nicht nur Baumeister, sondern auch Bürgermeister in Rehburg. Seinen Stempel und ganz persönlichen Stil drückte er dem Schlauchturm auf. Wie so vielen anderen Bauten Rehburgs.
Der wuchtige Sandsteinsockel ist wie das Backstein-Mauerwerk typisch für Meßwarb. Bezeichnend wird das Gebäude aber erst durch seine verspielten Fassaden-Elemente. Ob es nun der Balkon ist, der eigentlich keinem Zweck dient, der Vorsprung mit winzigen Fensterchen im Dachgeschoss oder der Wetterhahn auf dem First. Der hoffentlich keine Anspielung auf den „roten Hahn“ sein sollte. Den wünscht sich schließlich niemand auf dem Dach.
Aber zurück ins Innere, wo Brümmer mittlerweile den Balkon verlassen und die zweite Treppe erklommen hat. Von der Technik des Zweckbaus ist kaum noch etwas vorhanden. In einen Balken sind zwei Haken eingelassen. Gut vorstellbar, dass vor Jahrzehnten daran Schläuche hingen.
Mit gekonntem Griff nimmt der Ortsbrandmeister eine der Jalousien aus der Wand, die statt Fenstern in die Öffnungen eingelassen sind. Dahinter bietet sich ein weiter Blick über Rehburgs Marktplatz, Heidtorstraße und Rehburger Berge. Der Tag ist leider diesig. Sonnenschein würde noch ganz andere Ausblicke eröffnen. Brümmer schaut hinaus. Gut vorstellbar, dass an jener Stelle vor mehr als 100 Jahren einer seiner Vorgänger gestanden hat. Und dass einige seiner Nachfolger gelegentlich auch einen Blick aus diesem Turm werfen wollen. Nur so zum Spaß. Rehburgs Feuerwehrschläuche werden gewiss nie wieder in diesen Turm gehängt.
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