Damit die Zeit nicht stehen bleibt…
Ein Riese lebt in einer Höhle unter Rehburgs Uhrturm?

Die Zeiger stehen auf 12 Uhr. Schon eine ganze Weile. Das soll sich mit etwas Glück bald ändern. Carsten Becker aus dem städtischen Bauamt hat einen Uhrmacher zum Ortstermin gebeten, der einschätzen wird, ob das 1937 in Betrieb genommene Uhrwerk repariert werden kann. Solche Reparaturen benötigen Spezialisten.
Ein weiteres Ziel ist die Reparatur des Spielwerks. Ein springendes Reh – Wappentier der Stadt – lugt seit Jahrzehnten aus einem winzigen Fenster im Turm heraus. Dabei sollte es sich eigentlich auf einer Walze im Kreis drehen, nur gelegentlich auftauchen und ansonsten Platz für einen Jagdhund machen.
Sanfte Gewalt ist nötig, um die Tür zu öffnen. Schließlich begehrt selten jemand Einlass in das Türmchen. Wozu auch? Es führt doch keine Treppe den schmalen Turm herauf und kein Fenster lädt zum Herausschauen ein. Weniger als drei Meter hat der Turm im Durchmesser. In seinem Inneren verbirgt sich nichts anderes als die Technik für Uhr und Spielwerk.
Schon das Spielwerk zeigt deutlich, wer diesen Uhrturm ersonnen hat: Derart detailverliebt und Rehburg zugewandt haben nur die Architekten Meßwarb gearbeitet. Tatsächlich stammt der Turm an der Kreuzung von Jäger- und Mühlentorstraße aus der Werkstatt von Ernst Meßwarb. Einer von vielen öffentlichen Bauten, mit denen er und sein Vater Wilhelm das Stadtbild prägten. So brachten sie ihre Profession des Bauens mit ihren Aufgaben als Bürgermeister des Städtchens zusammen.
Für den Uhrturm bat Ernst die Stadt mit 1.900 Reichsmark zur Kasse. Sein Ziel: Rehburg eine erste öffentliche Uhr zu verpassen. Ob er sich auf den Stundenschlag vom Kirchturm nicht verlassen wollte? Ein zweiter Grund lag sicherlich auch in seinem Faible für Geschichte. Weswegen der Turm dort entstand, wo von 1631 bis 1820 die in Rehburg stationierte Garnison exerzierte. „Wachtplatz“ wurde das Fleckchen genannt und lag damals kurz vor dem Ortseingang.
Ob es Ernst Meßwarb gefallen hat, dass sein Werk „Adolf-Hitler-Turm“ genannt wurde? Seine Ansichten dazu sind nicht überliefert, in Rehburg herrscht aber die Meinung vor, dass Meßwarb kein großer Sympathisant der Nazis war.
Schlicht und einfach „Uhrturm“ hat sich als Name seit Jahrzehnten verfestigt. Bleibt die Hoffnung, dass er ihn bald wieder zu Recht trägt – mit einer Uhr, die zeigt, was die Stunde geschlagen hat, und dem Reh, das sich auf drehender Walze von dem Hund jagen lässt.
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