Vom großen Glück mit diesem Kind: Besuch bei Simon zum Welttag des Down Syndroms
Der 21. März ist der Welttag des Down Syndroms. Ausgewählt, weil das charakteristische Merkmal des Down Syndroms das dreifache Auftreten des 21. Chromosoms ist. Anlässlich dieses Welttags haben wir Familie Jonik in Rehburg besucht.

Deren vierjähriger Sohn Simon mit Down Syndrom zur Welt kam.
Es ist eng geworden in der Auffahrt. Seit einigen Wochen steht dort ein großes Wohnmobil. „Damit wollen wir unseren Traum vom Reisen leben“, sagt Magdalena Jonik. Diesen Traum haben sie und ihr Mann Andreas seit sie zusammenkamen. Aber wie sollten sie ihn sich erfüllen mit ihrem beeinträchtigten Sohn, der sich erst mit Kontinuität und einem geregelten Tagesablauf wohl fühlt? Die Lösung war das Wohnmobil.
„So nehmen wir unser Zuhause mit auf Reisen“, sagt Magdalena. Und auch den Tagesablauf können sie so gestalten, wie ihr Sohn ihn kennt. Der begeistert ist von seinem erweiterten Zuhause.
Eine erste Probefahrt haben sie eben hinter sich. An einem See in der Nähe haben sie sich für einen Tag häuslich eingerichtet. „Auf der einen Seite war ein Spielplatz, auf der anderen eine Wiese“, erzählt Andreas. Ein Paradies für Simon und auch für seine Eltern. Simon ist mit wenig zufrieden, über ein Feld zu laufen sein höchstes Glück. „Dann werden es auch für uns magische Momente“, sagt Andreas. Mit wenig zufrieden sein – das ist eines der Dinge, die er und Magdalena durch Simon gelernt haben. Weil mit einem behinderten Kind nichts selbstverständlich ist.
Magische Momente wahrzunehmen ist das eine, was ihr Leben ausmacht, seitdem ihr Sohn sie nach seiner Geburt vor vier Jahren mit dem Down Syndrom überraschte. Der Schock über die Diagnose, Trauer, Verzweiflung – das alles gab es im Zeitraffer, nachdem die Ärzte es ihnen mitgeteilt hatten. Keine der Untersuchungen in der Schwangerschaft hatte sie darauf vorbereitet. Aber dann haben sie die Ärmel hochgekrempelt und sich in das Abenteuer mit einem beeinträchtigten Kind gestürzt. Mit aller Liebe und allem Mut, den sie aufbringen konnten.
Mut. Das ist für Andreas ein Stichwort. „Gäbe es Simon nicht, hätten wir uns vieles nicht getraut“, sinniert er. So mussten sie sich trauen. Sich von manchem Sicherheitsgefühl trennen. Ein Sinnbild für ihn ist das Wohnmobil vor der Tür. Hätten sie sich ohne Simon getraut, den Kredit dafür aufzunehmen? Vermutlich nicht, meinen sie.
Dem Mut, den Simon ihnen gibt, steht allerdings oft auch Angst gegenüber. Ein auffälliges EEG, das die Ärzte noch nicht zuordnen können. Wird er irgendwann Krampfanfälle bekommen? Oder das Sprechen, das Simon schwerfällt. Er plappert zwar unablässig. Außer „Mama“, „Papa“ und „Ella“ – der Name des Hundes der Familie – artikuliert er aber keine Wörter. Kommunikativ ist Simon dennoch, drückt auf anderem Weg aus, was ihm gefällt oder nicht gefällt und was er haben möchte.
Die Verständigung mit der Welt ist eine der vielen Aufgaben, die Magdalena und Andreas intensiv mit Simon üben. „Für Eltern mit einem „normalen“ Kind kaum vorstellbar“, sagt sie.
Ihr neuester Ansatz auf diesem Weg ist eine Reittherapie. Tiere liebt er, den Hof in Wölpinghausen, den er einmal pro Woche besucht, hat er sofort ins Herz geschlossen. Noch wissen die Joniks nicht, wie sie diese Stunden auf Dauer finanzieren sollen. Aber das wird sich schon finden. Hauptsache, Simon ist glücklich und kommt voran.
Und Corona? Wie hat sich dieses erste Jahr mit dem Virus auf die Familie ausgewirkt? „Wir haben eher davon profitiert“, sagt Magdalena. Profitiert im Kindergarten, den Simon besucht. Weil die Gruppen viel kleiner waren. Das verschaffte den Erziehern mehr Zeit für jedes einzelne Kind, ließ mehr Raum für die Integration in die Gemeinschaft.
Simon zu integrieren in die Gesellschaft und ihm die bestmöglichen Chancen zu geben, ist auch der Grund für den Blog, den Magdalena nahezu seit seiner Geburt mit Hingabe füllt. „Xboy Strahlemann“ nennt sie ihn dort und erzählt vom Leben ihrer außergewöhnlichen Familie.
Anderen Familien in ähnlichen Situationen möchte sie damit helfen. Eltern, die ein Kind mit Down Syndrom erwarten, erklären, was das Leben mit solch einem besonderen Kind bedeutet. Wie viel Glück in solch einem Leben stecken kann, aber auch die vielen Sorgen, Zweifel, Schwierigkeiten nicht auslassen.
Die Entscheidung für oder gegen dieses Kind mussten Magdalena und Andreas nicht treffen. Wie sie sich entschieden hätten, mit der Diagnose schon in der Schwangerschaft? Diese Frage, sagen sie, können sie nicht beantworten. Und sagen auch, dass sie sowohl diese als auch jene Entscheidung von werdenden Eltern gut nachvollziehen können. Die positive Energie, die sie aus dem Leben mit ihrem Sohn ziehen, wollen sie aber mit anderen teilen.
www.xboystrahlemann.de
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