„Damit kein Kind untergeht“
Sozialfonds unterstützt seit zehn Jahren Familien
Mit einem Baum, der wächst, gedeiht und Früchte trägt, vergleichen Ute Grolms und Birgit Völlers aus dem Rehburg-Loccumer Familien-Service-Büro gerne den Sozialfonds der Stadt. Seit mehr als zehn Jahren besteht dieser Fonds schon – und ist eine einzige Erfolgsgeschichte.
Ute Grolms und Birgit Völlers hegen und pflegen den Sozialfonds der Stadt Rehburg-Loccum.
Wenn die Erzieherin im Kindergarten den Eindruck bekommt, dass es einer Familie schwerfällt, die Kosten für einen kleinen Ausflug aufzubringen. Wenn Grundschullehrern auffällt, dass Kinder nur unzureichend mit Heften und Stiften versorgt sind. Wenn die nahende Klassenfahrt Eltern blass werden lässt. - In all diesen Fällen sollte der Sozialfonds helfen. Das war der erklärte Wille des Rehburg-Loccumer Rates, als er 2008 einstimmig beschloss, einen solchen Fonds einzurichten. Grundschulen und Kindergärten sollten dann darauf zugreifen können, wenn sie das Gefühl haben, dass wenig Geld in einer Familie vorhanden ist und Kinder deshalb womöglich nicht überall teilhaben können. Unbürokratisch war ein wichtiges Stichwort damals. Eltern sollten nicht als Bittsteller irgendwo vorsprechen müssen, die Finanzsituation nicht offengelegt und nicht begründet werden müssen, weswegen nun Hilfe beantragt werde. Stattdessen vertraute der Rat darauf, dass Erzieher und Lehrer einen guten Blick dafür haben, wo solche Hilfe angebracht ist. Ein Versuch war es damals und dem Rat 3.000 Euro aus dem städtischen Haushalt pro Jahr wert. Dort, wo andere staatliche Unterstützungen nicht griffen, sollte mit diesem Geld geholfen werden.
2008 beschloss der Rat Rehburg-Loccums, den Sozialfonds einzurichten – und der damalige Bürgermeister Dieter Hüsemann (rechts) warb mit Ranzen auf dem Rücken dafür.
Anfangs, sagen Grolms und Völlers, sei auch das nicht ganz einfach gewesen. Einzugestehen, dass für manche Dinge kein Geld vorhanden ist und ein Geschenk annehmen, sei manchen nicht leichtgefallen. Das hätten sie beide als eine ihrer großen Aufgaben angesehen: Daran zu arbeiten, dass die Hemmschwelle der Eltern sinkt.
Nach und nach gelang ihnen dieses Vorhaben und mittlerweile ist der Sozialfonds in allen Bereichen etabliert. Neben der nach wie vor bestehenden Möglichkeit für Kindergärten und Schulen, die Kleinigkeiten im Alltag der Kinder bedarfsgerecht zu ersetzen, beinhaltet der Sozialfonds aber nun noch viel mehr.
Da ist beispielsweise die Schwimmförderung. Kinder aus finanzschwachen Familien können einen großen Teil der Kosten für Schwimmkurse erstattet bekommen. „Ziel war es für uns immer, dass kein Kind im Heye-See untergeht“, sagt Birgit Völlers. Der Heye-See zwischen Rehburg und Husum ist schließlich im Sommer ein beliebter Treffpunkt für Kinder und Jugendliche – allerdings hat der große See seine Tücken und eine Aufsicht gibt es nicht. Grundschulkindern die Schwimmkurse zu ermöglichen ist der eine Ansatz. Aber auch ältere Kinder und Jugendliche haben bereits davon profitiert. Den Bedarf dafür erkannten Grolms und Völlers zuerst, als viele Flüchtlinge ohne Schwimmkenntnisse nach Rehburg-Loccum kamen – und handelten entsprechend.
Der Eintritt in die Schule ist auch eine finanzielle Herausforderung – bei der der Sozialfonds eintreten kann.
Ebenfalls immer weiter ausgebaut und ausgefeilt haben die beiden die Unterstützung für Schulanfänger. Die Erstausstattung beim Eintritt in die Grundschule, das wissen Grolms und Völlers noch aus eigener Erfahrung, ist nicht billig. Insbesondere der erste Ranzen mit allem, was dazugehört, wird zur finanziellen Herausforderung. Mittlerweile können Eltern sich im Familien-Servicebüro einen Gutschein über 100 Euro abholen, den sie im örtlichen Fachhandel beim Ranzen-Kauf einlösen können. Ein weiteres Angebot sind die Ranzen, die seit einigen Jahren vom Nienburger Verein „Hafensänger und Puffmusiker“ gespendet werden. Neuwertige Ranzen stellt der Verein der Stadt zur Verfügung, der Bedarf dafür ist vorher von Völlers in den Kindertagesstätten abgefragt worden. Einen Eigenanteil von zehn Euro je Ranzen setzt der Verein an – der wird in Rehburg-Loccum jedoch vom Netzwerkbüro „Ehrenamt vor Ort“ übernommen. Das eine oder andere Angebot zur Unterstützung bei der Erstausstattung der Schulanfänger haben in 2018 rund 40 Prozent der Eltern in Anspruch genommen. Diesen hohen Prozentsatz erklärt Völlers mit zwei Gründen: zum einen sei in den vergangenen Jahren die Bedürftigkeit gestiegen, zum anderen liege es aber auch daran, dass die Hemmschwelle der Eltern tatsächlich gesunken sei.
Ein großer Unterstützer beim Ranzen-Projekt ist der verein „Hafensänger und Puffmusiker“.
„Mittlerweile kommen Eltern ganz selbstverständlich zu uns ins Familien-Servicebüro“, sagt Grolms. Dass sie immer wieder versucht hätten zu vermitteln, dass sie Hilfe anbieten und auch, welche Hilfe sie anbieten, dass den Eltern außerdem wirklich weitestgehend unbürokratisch geholfen werde – das trage Früchte.
Früchte tragen kann der Sozialfonds in solchen Größenordnungen aber auch nur, weil er nicht allein von dem Geld profitieren kann, das die Stadt Jahr für Jahr hineinlegt. Eins zu eins ist das Verhältnis von dem Beitrag der Stadt und Spenden mittlerweile – auf rund 30.000 Euro aus der Stadtkasse in zehn Jahren kommen also ungefähr genauso viel Spenden und über die Jahre ist dieses Verhältnis zugunsten der Spenden gestiegen.
Ein ständiger Unterstützer ist die Loccumer Altpapiergruppe im Ruhestand.
Stets bauen können Völlers und Grolms auf einen Beitrag aus den Erlösen der Bücherstände, die die Loccumer Altpapiergruppe im Ruhestand mehrmals jährlich aufbaut. So, wie die Altpapiergruppe mit ihrer Arbeit Kinder und Jugendliche unterstützen will, so geht es aber auch noch anderen. Mal wünscht sich jemand aus Rehburg-Loccum zum runden Geburtstag Geld für den Fonds, dann wieder gibt eine Unternehmensgruppe eine Spende statt Kunden Weihnachtsgeschenke zu machen. Einige Rehburg-Loccumer geben auch monatlich einen Beitrag. Während viele der Spenden einfach dem Sozialfonds zur Verfügung gestellt werden, gibt es aber auch zweckgebundenes Geld. Eine Spende etwa sollte speziell für Bildung eingesetzt werden – woraufhin Ute Grolms eine Idee, die schon einige Zeit in ihrer Schublade schlummerte, hervorzog: Die „Plapperkiste“.
Ein Angebot für alle Kinder: die Plapperkiste soll helfen Lese- und Schreibfähigkeiten beim Übergang von Kindergarten zur Schule zu fördern. Und fröhlich „geplappert“ wird dabei auch jede Menge.
Beim Übergang von Kindergarten zur Grundschule sollten alle Kinder im Stadtgebiet noch ein wenig mehr Unterstützung bekommen. Ziel war es, die Fähigkeiten im und zum Lesen und Schreiben gezielt und spielerisch weiterzuentwickeln. Im zweiten Jahr haben Kinder dieses Programm nun schon bekommen – und das mit großer Begeisterung sowohl von Eltern als auch von Kindern.
Das Resümee, das die beiden Frauen im Familien-Servicebüro zu dem Sozialfonds ziehen ist „Super!“ Alle begonnenen Projekte seien bis jetzt weitergeführt worden. Das soll auch so bleiben, weswegen ihr dringendster Wunsch ist, dass sie stets genug Geld zur Verfügung haben, um alles aufrecht erhalten zu können. Über jede Spende freuen sie sich also – und betonen in diesem Zusammenhang auch, dass sämtliches Geld aus dem Sozialfonds in die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen fließt, kein Cent hingegen in den Verwaltungsaufwand.
Wer den Sozialfonds ebenfalls unterstützen möchte, kann folgendes Konto der Stadt Rehburg-Loccum nutzen: Konto: SPK Nienburg, IBAN: DE62 2565 0106 0000 2650 17, BIC: NOLADE21NIB, Verwendungszweck „Sozialfonds für Kinder“. Für Rückfragen stehen
Birgit Völlers unter der Nummer (0 50 37) 97 01-42 und Ute Grolms unter 97 01-36 gerne zur Verfügung.
Januar 2019
Text und Fotos: ade