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Umwelt und Klimaschutz

Was tut sich in unserer Landschaft? Freiflächen-PV in Rehburg-Loccum im Aufbau


69 Fußballfelder Freiflächen-PV für die Stadt

Björn Polacek kennt die Antworten. Bei dem Fachbereichsleiter Bürgerdienste, Bauen und Ordnung laufen alle Fäden zusammen. Erst jüngst hat er eine Präsentation zusammengestellt, um den Rat der Stadt ins Bild zu setzen. Rund 47 Hektar, also zirka 69 Fußballfeldern, des Stadtgebietes würden den 0,47 Prozent entsprechen, erläutert er. Die Rechnung lässt sich für Rehburg-Loccum recht leicht im Kopf erledigen: 9.999 Hektar Fläche umfasst das Stadtgebiet.

6,2 Hektar Freiflächen-PV sind bereits seit etlichen Jahren in Betrieb: Auf einem Feld am Meßloher Weg in Rehburg und am Heimser Weg in Loccum wird Sonne zwecks Energiegewinnung gesammelt.

Wo können weitere Anlagen aufgebaut werden?

Die Liste der Ausschlusskriterien, die Polacek aufblättert, ist lang und beginnt mit den Ortsgebieten: Innerorts wird nichts genehmigt.

Nun nimmt das besiedelte Gebiet in ländlichen Räumen allerdings nicht den Hauptteil von deren Fläche ein. Ringsum ist immer viel Grün vorhanden.

Das trifft auch auf Rehburg-Loccum zu – und dennoch verringert sich die Suchfläche für potentielle Investor:innen mit jeder neuen Karte, die Polacek zeigt.

Heraus fallen beispielsweise Natura 2000-Flächen, Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete. Im Wald darf für PV-Anlagen nicht gerodet werden und Naturdenkmale genießen ebenso Schutz wie auch Gewässer und deren Randstreifen.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Güte der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Es gilt: Hochwertige Böden, die gute Erträge erwarten lassen, sollen ebenfalls außenvor gelassen werden. Ist alles abgezogen, so bleiben in erster Linie Flächen um Rehburg übrig.

Blick auf eine Freiflächen PV Anlage auf der grünen Wiese

Bild 2: Bereits seit Jahren in Betrieb: Freiflächen-PV am Meßloher Weg in Rehburg. ade

Ausgedehnte Wälder, Bäche, Moore und die Anbindung an den Naturpark Steinhuder Meer schränkten die Möglichkeiten ein, führt Polacek aus. Ein weiteres Kriterium, das von Seiten der Stadt bei der Frage nach einer Genehmigung hinzugefügt werde, sei das Landschaftsbild. Steht zu befürchten, dass prägende und typische Landschaftsansichten allzu sehr beeinträchtigt, wägen Rat und Verwaltung umso sorgfältiger ab.

Genehmigung im Einzelfall

Für das Procedere der Genehmigung von Freiflächen-PV stehen den Kommunen in erster Linie zwei Instrumente zur Verfügung: Entweder kann eine Richtlinie erlassen werden, die Grundsätzliches regelt. Oder es wird im Einzelfall entschieden.

Für die flächenmäßig relativ kleine Stadt haben die Gremien Rehburg-Loccums entschieden, jede Anfrage für sich zu behandeln.

Aus diesem Grund beraten die betroffenen Ortsräte, der Bauausschuss und der Rat seit einigen Jahren in relativer Regelmäßigkeit über diese und jene Anfrage zum Bau von PV-Freiflächenanlagen – beziehungsweise darüber, ob und in welcher Form Flächennutzungspläne geändert und Bebauungspläne aufgestellt werden sollen. Eine Privilegierung für diese Bauten im Außenbereich gibt es nicht.

Der Prozess von der Anfrage eines Investors bis zur Baugenehmigung kann mit all seinen Instanzen durchaus ein bis zwei Jahre dauern.

Wer trägt die Kosten der Planungen?

Das wirft die Frage nach den Kosten der Bauleitplanungen auf, denn im Rathaus bindet jede Änderung oder Neuaufstellung von F- und B-Plänen viel Personal.

Da es sich bei den Vorhaben jeweils um Belange einzelner Investoren handelt, kommen sie auch für die Kosten der Verfahren auf. Letztlich soll es die Stadt – also die Steuerzahler:innen – nichts kosten.

Wo sind PV-Freiflächenanlagen demnächst zu erwarten?

➡️ Die ersten Instanzen hat eine Anlage über 19,3 Hektar zwischen Rehburg und Loccum bereits durchlaufen. Von Rehburg kommend liegt das Gelände rechter Hand. Der Aufstellungsbeschluss ist gefasst, momentan wägt das Planungsbüro ab, ob es zur Ausführung kommen soll.

➡️ Ähnlich ist der Planungsstand für eine Anlage über einen Hektar am Deinweg in Loccum, die die Stadtwerke Nienburg in Erwägung ziehen. Die verhältnismäßig kleine Anlage wollen die Stadtwerke im Zusammenhang mit einem Vorhaben über 1,6 Hektar auf dem benachbarten Gelände der ehemaligen Mülldeponie Loccum bauen. Dort muss die Stadt nicht beteiligt werden. Flächennutzungs- und Bebauungsplan lassen die Anlage zu.

➡️ Eine spezielle Form von Freiflächen-PV ist für 12,5 Hektar an Rehburgs Ortsrand in Richtung Winzlar angedacht. Agri-PV nennt sich das System, ist an vielen Orten in Deutschland im Gespräch, bislang aber noch verhältnismäßig selten zum Einsatz gekommen.
Agri-PV bezeichnet eine Doppelnutzung der Flächen: unterhalb der PV-Anlagen wird weiterhin Landwirtschaft betrieben.
Der Investor, der sich für die Rehburger Fläche interessiert, will die Module in relativ großem Abstand zueinander aufstellen. Zwischen ihnen sollen auch große landwirtschaftliche Maschinen fahren können, so dass Getreideanbau möglich bleibt. Die Module können zur Ernte senkrecht gestellt werden. Zu anderen Zeiten neigen sie sich automatisch der Sonne entgegen.
Diese Planung befindet sich in einem Vorstadium. Der Investor ist an die Verwaltung mit der Bitte herangetreten, vor Einleitung eines Verfahrens zu klären, ob der Rat diesem Bau zustimmen würde.

➡️ Eine Anfrage hat Polacek Ende 2024 auch für das Gebiet „Seeplecken“ bei Rehburg, nahe der Köhlerhütte des Vereins „Ski und Wandern“, vorgelegt bekommen. 13 Hektar Ackerland hatten die Projektierer:innen im Blick. Eine, wie Polacek meint, günstige Lage für Freiflächen-PV – auf minderwertigem Ackerland und derart abseits, dass sie das Landschaftsbild kaum beeinträchtigen würde. Eine Konkretisierung dieser Anfrage liegt dem Bauamt noch nicht vor.

➡️ Aller Voraussicht nach wird die Anregung von Winzlars Ortsrat, den südlichen Hang des Haarbergs auf vier Hektar für Freiflächen-PV zu nutzen, nicht zum Tragen kommen. Nach bisherigen Erkenntnissen ist die Entfernung bis zum Umspannwerk zu weit, um die Anlage rentabel zu machen.

Mehr zu den Plänen auf dem Haarberg: https://www.rehburg-loccum.de/aktuelles/nachrichtenarchiv/haarberg/

Nah am Ziel der 0,47 Prozent

Sofern die Anlage zwischen Rehburg und Loccum, das Projekt der Stadtwerke in Loccum und die Agri-PV-Anlage bei Rehburg verwirklicht werden, stünden in Rehburg-Loccum inklusive der beiden bereits vorhandenen Anlagen in Loccum und Rehburg Module auf 40,6 Hektar Freiflächen. Die Zielgröße von 47 Hektar wäre damit nahezu erreicht.

Wie steht es um den Energiegewinn?

In der politischen Diskussion um die Freiflächen-PV-Anlagen geht es oft um die Frage nach landwirtschaftlichen Flächen, die verloren gehen, und darum, ob die Module, die sich über viele Hektar Land ausdehnen, das Bild der Landschaft zu sehr prägen.

Gelegentlich gerät darüber der eigentliche Zweck solcher Anlagen ins Hintertreffen: auf dem Weg zur Klimawende den Ausbau regenerativer Energien voranzutreiben.

Allein für die Anlage zwischen Rehburg und Loccum rechnet der Projektor mit einer Leistung von 21,690 Megawattstunden pro Jahr. Das entspricht dem durchschnittlichen Verbrauch von rund 6.400 Haushalten. Zum Vergleich: Für Rehburg-Loccum sind aktuell 4.383 Haushalte ermittelt worden.

Hochgerechnet auf die weiteren Anlagen könnten rein theoretisch die Einwohner:innen Rehburg-Loccums also 1,5-fach mit Strom aus Modulen auf den Freiflächen versorgt werden. Handwerk, Gewerbe und Industrie nicht eingerechnet.

Eine Rechnung, auf die die vielen privaten und kommunalen PV-Anlagen auf Dächern noch aufgeschlagen werden müssten…

Zu viel des Guten für die Versorgung? Wohl eher nicht – denn es gilt, größer zu denken, weil Ballungsräume eindeutig im Hintertreffen sind. Sie können mit den Möglichkeiten des ländlichen Raumes hinsichtlich freier Flächen und dünnerer Besiedelung keinesfalls mithalten – und sind auf Versorgung vom Land angewiesen.

Bringen die PV-Anlagen der Stadt einen finanziellen Ertrag?

Das ist tatsächlich so, sagt Polacek und setzt an, ein kompliziertes Gebilde aus Wenn und Aber und vielen Möglichkeiten der Wertschöpfung zu erläutern.

Er seufzt über die kompliziert aufgebauschte Bürokratie an dieser Stelle. Letztlich, fasst er zusammen, profitiere die Stadt mit einem kleinen Beitrag für jede Megawattstunde Sonne, die von den Modulen eingefangen und in das Netz abgeführt wird.

Für die Anlage zwischen Rehburg und Loccum gibt er als groben Schätzwert 43.000 Euro pro Jahr als Zahlung an die Stadt an. Nicht genug, um einen städtischen Haushalt zu sanieren, aber immerhin eine schöne Zugabe, fügt er schmunzelnd hinzu.