Der Herr der Zahlen
Kommunalpolitik
Den Vorsitz im Finanzausschuss Rehburg-Loccums wird Ernst Busse 2026 seit 30 Jahren haben. Kein städtischer Haushalt, den er in dieser Zeit nicht sorgfältig durchforstet, keine Ausgabe, deren Sinnhaftigkeit er in dieser Zeit nicht erwogen hat. Er ist eine Institution im Ratssaal, sein Wort wird gehört. Und das beileibe nicht nur aus den Reihen seiner CDU-Fraktionskolleg:innen.

„Lass dich von der Verwaltung nicht unterkriegen.“ Diesen Rat habe ihm sein Vorgänger im Finanzausschuss-Vorsitz, der Rehburger Heinrich Lustfeld, mit auf den Weg gegeben, erzählt Busse schmunzelnd. 1996 gehörte er noch zu den jüngeren Ratsmitgliedern. Ein Youngster, der eine wichtige Position in der Kommunalpolitik bekleiden sollte. Es war allerdings naheliegend, gerade ihn vorzuschlagen. Ihm, dem Steuerberater, trauten alle zu, dass er das komplizierte Geflecht „Haushaltsplan“ durchschauen und notfalls auch der Verwaltung auf die Finger klopfen könne.
Mit der Ratsarbeit begann er bereits 1986, mit gerade mal 33 Jahren. Gut erinnert er sich, dass sein jugendliches Alter ihm zum Vorsitz im Kindergartenausschuss verhalf. Leichtes Ächzen lässt er in Erinnerung daran ertönen, dass die Sitzungen in den Kindergärten stattfanden – auf den kleinen Stühlen. Und ächzen musste er auch manchmal, weil es gar nicht so einfach war, sich durchzusetzen. Foto: ade
Weshalb er in die Kommunalpolitik gegangen ist? Er habe sein Lebensumfeld gestalten wollen, erzählt Busse. Sich in den Rat wählen zu lassen, erschien ihm dafür als beste Lösung.
Das Lebensumfeld Busses war schon immer Rehburg. Dort ist er geboren, aufgewachsen, hat seinen Eltern in deren Gemischtwarenladen helfen müssen. Freizeit erkämpfte der Teenager sich mit Engagement im RSV. Erst kickend, bald auch als Pressewart und stellvertretender Vorsitzender.
Als Öffentlichkeitsbeauftragter durfte er Spielberichte für „Die Harke“ schreiben. Was er mit großem Vergnügen tat. Insbesondere, weil er auch mal Kritik am eigenen Verein üben durfte. Nun ja, das habe er manchmal etwas überzogen, sagt er und schmunzelt wieder.
Dann siegte Boris Becker in Wimbledon, in Deutschland brach das Tennisfieber aus und auch der RSV folgte diesem Trend. Zum Gestalten seines Lebensumfeldes gehörte es für Busse dazu, auch selbst Hand anzulegen beim Bau der Plätze. Mancher Urlaubstag ging dafür drauf.
Am lebenswerten Umfeld mitgestalten
Die Arbeit in Rat und Finanzausschuss ist für ihn oft ein Balanceakt zwischen Lebensqualität in Rehburg-Loccum und ewig knappem Geld gewesen. Lediglich 15 Prozent des Haushalts stünden Jahr für Jahr zur – mehr oder weniger – freien Verfügung, berichtet er. Die restlichen 85 Prozent sind fest verplant für Personalkosten, Transferleistungen wie die Kreisumlage, für Abschreibungen und Zinsaufwendungen.
Um die Verteilung des restlichen Geldes streitet er sich seit 29 Jahren trefflich in Rat, Ortsrat und diversen Ausschüssen. Die Wünsche sind immer größer als das, was möglich ist. Nicht selten musste er schweren Herzens einem Einschnitt zustimmen, allerdings immer zugunsten anderer Ausgaben, die er für noch dringender hielt.
Münchehagens Freizeitbad nach dem Brand von 2004 am alten Ort wieder aufgebaut zu haben, gehört zu den Entscheidungen, die ihn besonders freuen. Die historischen Kuranlagen nicht dem Erdboden gleich gemacht, sondern zur Romantik Bad Rehburg ausgebaut zu haben, ebenso.
Aber auch für andere freiwillige Aufgaben der Kommune wie die Unterstützung von Sportvereinen oder die Jugendpflege setzt er sich ein und stellt die rhetorische Frage: „Wenn wir all das vernachlässigen, ist es dann noch lebenswert, in Rehburg-Loccum zu wohnen?“
Leichtfertige Entscheidungen liegen ihm jedoch nicht, auch wenn er sich gelegentlich einen niedrigeren Schuldenstand für seine Stadt gewünscht hat. Straßen, Feuerwehrgerätehäuser, Sporthallen – vieles ist notwendig, alles teuer und Busse ist immer auf der Suche nach dem besten und gerechtesten Weg.
Seinen mahnenden Zeigefinger bekommt die Verwaltung gezeigt, wenn er den Anschein hat, dass in einem Haushaltsentwurf Einnahmen zugunsten des Ausgleichs allzu leichtfertig nach oben revidiert werden. Und wenn nach langen Verhandlungen und Beratungen wieder einmal ein Entwurf dem Rat zur Genehmigung vorgelegt wird, ist er es, der zusammengefasst erläutert, was genau diesen Haushalt auszeichnet, worin die Schwierigkeiten steckten, weshalb dieses finanziert und jenes gelassen wurde. Ein Wort, dem geglaubt wird und das nicht nur, weil er seit nahezu 30 Jahren der Herr der Zahlen in Rehburg-Loccum ist.

Aber Kommunalpolitik ist noch einiges mehr für Busse. Schützenfest beispielsweise. Das Rehburger Schützenfest. Während der drei Tage im Juli, an denen es gefeiert wird, füllt er seine Rolle als Spießbürger mit Leidenschaft aus.
Spießbürger – das sind in Rehburg die Rats- und Ortsratsleute, die das Recht – nicht die Pflicht, wie Busse betont – haben, beim Ausmarsch am Montagmorgen ein Rott anzuführen. Das Zeichen ihrer Würde ist ein Spieß – ein Speer. Sein Recht hat er noch in jedem Jahr liebend gerne und mit viel Spaß an der Sache in Anspruch genommen. Auch das gehört für ihn zu den gestaltenden Dingen: Alte Traditionen pflegen.
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„Rehburg-Loccum soll demokratisch bleiben“
Das Gefühl, der Stadt oder vielmehr deren Bürger:innen etwas geben zu können, indem er sein Wissen einbringt, spornt ihn immer wieder an. Wahrzunehmen, dass er dafür anerkannt und geschätzt wird, hat ihn ebenfalls alle fünf Jahre dazu gebracht, sich wieder auf die Wahlliste setzen zu lassen.
Noch zögert er, ob er sich zur Kommunalwahl im September 2026 erneut aufstellen lassen soll - nach immerhin 40 höchst aktiven Jahren in der Kommunalpolitik.
Was er sich für die kommende Wahlperiode so oder so wünscht, weiß Busse aber schon sehr genau: „Rehburg-Loccum soll so demokratisch bleiben wie bisher!“ Seinen Beitrag dazu will er auf jeden Fall weiter leisten.
Juni 2025
Beate Ney-Janßen