Gegen den Leerstand – für lebendige Dörfer
Wer wohnt schon gerne neben einem leerstehenden Haus? Kein Licht in den Fenstern, kein Leben auf dem Grundstück, kein Gespräch über den Gartenzaun – stattdessen drohender Verfall. Vor rund 14 Jahren wurde dieses Szenario in Rehburg-Loccum zunehmend Realität. Immer mehr Gebäude in den Ortskernen standen leer.
Um dem entgegenzuwirken, initiierte der Stadtrat ein Förderprogramm. Ziel: Käufer für ältere Bestandsimmobilien gewinnen, Leerstand verringern und die Dörfer wiederbeleben. Die Lösung: finanzielle Unterstützung – insbesondere für junge Familien. Der Titel des Programms: „Jung kauft Alt“, gestartet zum 1. Januar 2012.
Der Name mag täuschen: Beantragen konnten alle Altersgruppen. Und auch die Immobilien mussten nicht historisch sein – gefördert wurde alles, was seit mindestens 30 Jahren bestand.
Vom Frust in der Großstadt zur Chance auf dem Land
Oliver Böhme ist eines der Gesichter hinter den Zahlen. Als beratendes Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss schildert er die persönliche Erfahrung seiner Familie mit dem Programm: „Wir haben ‚Jung kauft Alt‘ genutzt – und das war richtig gut.“
Zehn Jahre zuvor suchten er und seine Frau Melanie in Hannover vergeblich nach einem geeigneten Haus. Zu teuer, zu klein, zu marode – das war die ernüchternde Bilanz. Der Gedanke an einen Umzug aufs Land war zunächst schwer. Doch die Wohnraumnot mit zwei kleinen Kindern ließ sie den Radius ihrer Suche wachsen – bis nach Loccum.
Dort fanden sie schließlich ihr neues Zuhause: Das Haus passte, der Preis stimmte – doch der eigentliche Gewinn zeigte sich erst mit der Zeit. „Zwei Jahre habe ich gebraucht, um mich einzugewöhnen“, gesteht Oliver Böhme. Anfangs zog es ihn oft zurück nach Hannover. Heute ist es umgekehrt: „Ich bin froh, wenn ich wieder nach Hause komme.“
Einen besonderen Moment erlebte die Familie gleich nach dem Einzug: Der Vorbesitzer lud sie – und alle ihre neuen Nachbarn – zum Grillen ein. „Das hat uns den Einstieg unglaublich erleichtert“, erinnern sich die Böhmes.
Mehr als Geld: Wertschätzung und Unterstützung
Das Förderprogramm habe ebenfalls zum Ankommen beigetragen. Ihr Haus stammte aus den 1970er Jahren, stand mehr als ein Jahr leer – ideale Voraussetzungen für die Förderung. Die Familie meldete sich in Rehburg-Loccum an und erfüllte damit alle Voraussetzungen.
Fünf Jahre lang gab es je 1.000 Euro pro Jahr: 500 Euro Grundbetrag und je 250 Euro pro Kind. Als Nesthäkchen Marlene geboren wurde, kam im letzten Förderjahr noch ein Zuschlag hinzu.
Das Geld wurde Jahr für Jahr direkt in das Haus investiert – neue Fenster, neuer Fußboden. „Erst beim Wohnen merkt man, was wirklich noch gemacht werden muss“, sagt Melanie Böhme. Besonders wichtig war der Familie aber das Gefühl: „Wir haben uns wertgeschätzt gefühlt.“
Weniger Anträge, geringere Kosten – aber noch Bedarf?
Bleibt das Programm bestehen? Zwar ist die Zahl der Leerstände rückläufig, wie Björn Polacek, Fachbereichsleiter Bauen, im Ausschuss betonte. Und auch die Antragshäufigkeit sei stark gesunken – von rund zehn pro Jahr in den Anfangsjahren auf deutlich weniger heute.
Insgesamt wurde die Förderung in 43 Fällen bewilligt – eine überschaubare Zahl, die den städtischen Haushalt kaum belastet. Der Nutzen für die Ortsteile, so das Fazit, sei dennoch erheblich gewesen.
Ob „Jung kauft Alt“ weitergeführt wird, entscheidet nun der Verwaltungsausschuss – und letztlich der Rat der Stadt Rehburg-Loccum.

Bild 1: Gut angekommen mit Wertschätzung: Melanie und Oliver Böhme – hier mit ihrem Nesthäkchen Marlene – hat „Jung kauft Alt“ in den Anfangsjahren in Loccum geholfen. ade
Jung kauft Alt – die Richtlinie in Kürze
Geld aus dem Förderprogramm können zum einen alle beantragen, die ein – älteres – Haus verkaufen wollen. Sie können bis zu 1.500 Euro bekommen, um einen Energieausweis, ein Sanierungs- oder Verkehrswertgutachten erstellen zu lassen.
Käufer:innen haben die Chance, fünf Jahre lang zu profitieren. 500 Euro jährlich gibt es als Grundbetrag, je Kind unter 18 Jahren, das in dem neuen Eigenheim gemeldet ist, kommen 250 Euro pro Jahr hinzu. Maximale Förderhöhe: 1.500 Euro pro Jahr.
Die Richtlinie, das Antragsformular und Kontaktdaten sind hier hinterlegt: https://www.rehburg-loccum.de/unsere-stadt/bauen-und-wohnen/baufoerderung/jung-kauf-alt/