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Kommunalpolitik

Blühende Ansichten am Wegrand: Was Kompensationsflächen sind – und was sie für Rehburg-Loccum bedeuten


Was bedeutet Kompensation?

Wo Natur durch den Bau einer Straße oder die Ausweisung eines Baugebiets verloren geht, muss an anderer Stelle ein ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Der Natur wird also Raum zurückgegeben. So kann beispielsweise ein bislang landwirtschaftlich genutzter Acker in eine blühende Wiese umgewandelt, ein Wegeseitenstreifen renaturiert oder ein Moor wiedervernässt werden. Auch das Pflanzen heimischer Bäume oder der Austausch invasiver Arten zählt dazu. Ziel ist stets die ökologische Aufwertung von Flächen.

Jede Baumaßnahme bringt Minuspunkte auf das sogenannte Ökokonto der Kommune, jede Ausgleichsmaßnahme Pluspunkte. Ziel ist ein ausgeglichenes Konto – aus Gründen des Klimaschutzes, der Artenvielfalt und, ganz nebenbei, für solche beeindruckenden Anblicke wie das Margeriten-Meer am Strohmannsorter Weg.

Woher sollen die Flächen kommen?

So weit, so gut. Doch der Teufel steckt auch hier im Detail: Woher diese Ausgleichsflächen nehmen? Rehburg-Loccums Ökokonto war bis Anfang 2024 auf ein Soll von 66.038 Werteinheiten angestiegen. Diese Werteinheiten werden anhand der Größe und der Wertigkeit der Flächen bemessen – sowohl auf der Haben- als auch auf der Sollseite. Angesammelt haben sich diese Einheiten durch vier Vorhaben in der Stadt: das urbane Stadtquartier und das Neubaugebiet Am Gieseberg in Rehburg, Loccums Baugebiet Herrenhorst und das Gewerbegebiet Am Bahndamm Rehburgs.

Einfach, aber teuer: der Freikauf

Ein möglicher Ausgleich wäre die Zahlung eines Ersatzgelds – also ein „Freikauf“ von der Pflicht zur Flächenumnutzung. Doch diese Lösung ist kostspielig: Während 2022 noch 6,40 Euro pro Werteinheit fällig wurden, stieg der Preis Anfang 2023 auf 10,10 Euro – mit steigender Tendenz.

Ein Ausgleich des Kontos hätte die Stadt Anfang 2024 rund 534.000 Euro gekostet – Geld, das im Haushalt an anderer Stelle fehlen würde. Zudem würde das Geld nicht vor Ort eingesetzt, sondern andernorts in Deutschland – der Natur in Rehburg-Loccum wäre damit nicht geholfen.

326 Kilometer Wirtschaftswege in Rehburg-Loccum

Doch es geht eben auch anders – und einige Maßnahmen sorgen seitdem nicht nur dafür, dass die Ökobilanz positiver ausfällt, sondern auch für blühende Ansichten.

Eine wichtige Maßnahme ist die Reaktivierung von Wegeseitenrändern entlang von Wirtschaftswegen. Wer meint, diese Flächen seien zu unbedeutend, wird von Björn Polacek, Fachbereichsleiter Bauen, eines Besseren belehrt: 326 Kilometer solcher Wege durchziehen das 99,97 Quadratkilometer große Stadtgebiet. Viele Seitenstreifen wurden über die Jahre allerdings in die landwirtschaftliche Nutzung einbezogen – teils wachsen heute Mais und Getreide auf städtischem Grund. Diese Flächen bieten Potenzial für eine ökologische Aufwertung. Andernorts finden sich Wege, die überhaupt nicht mehr genutzt und problemlos in Grünland oder Blühwiesen umgewandelt werden können. Vier solcher Projekte wurden bereits umgesetzt: Wege wurden in Grünland umgewandelt, ein Gewässerrandstreifen am Steinhuder Meerbach aufgewertet und am Strohmannsorter Weg der breite Blühstreifen angelegt. Allein diese Maßnahmen entlasten das Ökokonto erheblich. Drei weitere Umwandlungen sind noch für dieses Jahr geplant. Vorsichtige Schätzungen im Bauamt ergeben, dass das Ökokonto aber auch dann noch im Minus sein wird.

Hoffnungsträger Haarberg

Der Lichtstreif am Horizont, der sich dafür und auch für weitere Bauvorhaben ergeben kann, ist mit dem Kauf des Haarbergs bei Winzlar im vorigen Jahr aufgetaucht. Die rund zehn Hektar große Fläche möchte die Stadt zu großen Teilen als Kompensationsfläche nutzen – ein zusammenhängendes Gebiet das viel Potential für ökologische Aufwertung bietet.

Das Ökokonto kann mit diesem Areal aus dem Minus kommen – und hat sogar für weitere Bauvorhaben Potential. An dem Plan, manche der 326 Kilometer langen Wirtschaftswege Rehburg-Loccums ökologisch wertvoller zu gestalten, muss sich aus diesem Grund nicht unbedingt etwas ändern.

Mehr zu den Plänen für die Nutzung des Haarbergs lesen Sie hier: https://www.rehburg-loccum.de/aktuelles/haarberg/