Die aktuelle Besetzung (von links): Oliver Büntig (Schlagzeug), Rolf Volkewien (Dudelsack), Wolfgang Schustereit (Elfen-Bass), Robert Kresse (Gesang, Flöte und mehr), Andreas Jonik (Dudelsack), Jan Salzborn (Lead-Gitarre) und Jörn Vetter (Gitarre und Background-Sänger). ade

Stadtgeschichte(n)

aus Rehburg-Loccum

Angrivarii - Wacken kann kommen?

Wacken kann kommen

„Wacken wäre ein guter Anfang!“ Nein, klein gedacht hat Angrivarii von Anfang an nicht. Wenngleich der Satz, den eines der Bandmitglieder in einem ersten Interview fallen ließ, mit gebührendem Grinsen vorgetragen und von den übrigen Musiker:innen mit dröhnendem Gelächter quittiert wurde.

Beim Wacken Open Air haben sie zwar auch sechs Jahre nach Bandgründung noch nicht auf der Bühne gestanden. Einem in die Tausende gehenden Publikum heizen sie mit ihrem Mittelalterrock aber mittlerweile ordentlich ein.

 

Die aktuelle Besetzung (von links): Oliver Büntig (Schlagzeug), Rolf Volkewien (Dudelsack), Wolfgang Schustereit (Elfen-Bass), Robert Kresse (Gesang, Flöte und mehr), Andreas Jonik (Dudelsack), Jan Salzborn (Lead-Gitarre) und Jörn Vetter (Gitarre und Background-Sänger). ade

Die aktuelle Besetzung (von links): Oliver Büntig (Schlagzeug), Rolf Volkewien (Dudelsack), Wolfgang Schustereit (Elfen-Bass), Robert Kresse (Gesang, Flöte und mehr), Andreas Jonik (Dudelsack), Jan Salzborn (Lead-Gitarre) und Jörn Vetter (Gitarre und Background-Sänger). ade

 „Oh Mann, waren wir aufgeregt!“ Andreas Jonik, der Mann mit dem Dudelsack, bringt es auf den Punkt: Sie alle schlotterten förmlich, bevor sie die ersten Töne aus Dudelsack und Drehleier, aus Gitarre, Bass und Drums ertönen ließen.

So erinnert sich Andreas – der lieber Andi genannt werden möchte – an ihr erstes Mal. Vor der Kulisse der Klosterruine Asbeke sollten sie 2020 die Musik zum Himmelfahrts-Gottesdienst in Rehburg beisteuern.

Die Sonne schien, das Publikum war angetan, der Ort prunkte mit seiner mittelalterlichen Geschichte und nicht einmal Corona hatte ihnen dieses Mal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und Wacken? Das ist in jenem Jahr ohnehin wegen der Pandemie abgesagt worden.

Aber gehen wir noch einmal einen Schritt zurück. Da war der Andi, der schon als Teenager ein Faible für Mittelaltermärkte hatte. Und für die Musik dazu. Ebenso wie Olli – Oliver Büntig – mit dem er gemeinsam in Liebenau ein Konzert besuchte. „Da hätten wir auch mal Bock drauf – solche Musik zu machen“, sagten sie sich.

Dass Olli Schlagzeug spielte, war eine gute Voraussetzung für den verwegenen Plan. Andi hatte allerdings in seinem bis dato 35-jährigen Leben noch nicht einmal auf dem Kamm geblasen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, sagte er sich – und zog gen Bremen, um sich einen Chanter – die Übungspfeife ohne Dudelsack als Anhängsel -  zu kaufen.

Dudelsack-Klänge aus dem Schuppen

Die oftmals wenig melodischen Klänge, die fortan über Wochen und Monate aus seinem Schuppen schallten, seien seiner Familie doch reichlich auf die Nerven gegangen, gesteht er feixend. Von dem Band-Vorhaben zu diesem Zeitpunkt – keine Spur.

Das kam erst ins Rollen, als er bei einer Geburtstagsfeier Rolf kennenlernte. Rolf – Rolle - Volkewien, der wie er in Rehburg lebt. Als Andi in bierseliger Laune von seinem Traum erzählte, wurde Rolle hellhörig. Auch er hatte kurz zuvor angefangen, Dudelsack zu spielen. Auch er hätte gerne eine Band. Ein bisschen mehr, meinten sie, müssten sie aber vielleicht noch lernen.

Das erste Mal Himmelfahrt 2020 in Rehburg: Zum Auftritt vor Publikum schlotterten der jungen Band noch die Beine. ade

Das erste Mal Himmelfahrt 2020 in Rehburg: Zum Auftritt vor Publikum schlotterten der jungen Band noch die Beine. ade

Das Mehr sollte ihnen ein Workshop im fernen Nürnberg bescheren. Von den 120 Mittelaltermusik-Lehrlingen, die dort zusammenkamen, setzte sich ausgerechnet Johanna aus Nienburg an ihren Tisch. Johanna Schiffling, die sich an Drehleier und Gesang versuchte.

Prompt waren sie zu dritt. Olli hielt Wort und kam auch dazu. Es fehlte ein Gitarrist. Den fanden sie mit Jörn Vetter, der sich vorstellen konnte, außerdem den Backgroundsänger abzugeben. Im Mittelalter-Sound. Obwohl er doch eher aus der Death Metal-Ecke kam.

Wie ihm ist aber auch anderen aus der Gruppe der Mittelalterrock nicht in die Wiege gelegt worden. „Ich bin gar kein Fan“, sagt etwa Wolfgang Schustereit.

Schaster will er genannt werden, ist der Mann am Elfen-Bass und bald nach Jörn zu der Truppe gestoßen. Seine Abneigung hat er überwunden. Weil die Band für ihn so etwas wie Familie geworden sei. Erweiterte Familie, denn wenn sie losziehen, haben alle eigentlich immer Partner und Kinder dabei, mit denen sie am Ziel eine große Wagenburg aufbauen. Doch wir greifen vor.

Angrivarii – nach dem Germanen-Stamm

Zwischen infernalischem Lärm und ersten melodischen Tönen, die zunächst aus Joniks Schuppen, bald darauf aus Rehburgs Gemeindehaus schallten, zerbrach sich die Band den Kopf über einen geeigneten Namen. Der sollte bitteschön mittelalterlich und eingängig sein und im Idealfall auch noch etwas speziell mit ihrem Haufen zu tun haben.

Die Wahl fiel auf Angrivarii – der lateinischen Bezeichnung der Angrivarier, eines germanischen Stammes, der bekanntlich bis ins Frühmittelalter auch in jenem Landstrich ansässig war, der mittlerweile Landkreis Nienburg heißt. Also aller Musiker:innen Heimat.

Damit – und nach dem Auftritt beim Gottesdienst an der Klosterruine – hatten sie mehr Traute, nahm die Geschichte Fahrt auf und auch Corona verzog sich langsam.

Der Anfang der Band: Rolf Volkewien (links) und Andreas Jonik wollten Dudelsack spielen – so entstand Angrivarii. privat

Der Anfang der Band: Rolf Volkewien (links) und Andreas Jonik wollten Dudelsack spielen – so entstand Angrivarii. privat

Es folgten erste zaghafte Gigs als Walking Acts auf Mittelaltermärkten. Von Papenburg bis Leipzig gingen und gehen sie dafür auf Reisen. Dann ein Auftritt beim Burnout Festival in Nienburg. Ein Glücksfall war es, als bei Nienburgs Gassenhauer die Band ausfiel, die eigentlich im Schwarzen Keiler spielen sollte und irgendjemand den Namen Angrivarii ins Spiel brachte. Ausgerechnet im Keiler spielen zu dürfen – das hatte schon was. Aber schließlich hatten sie mittlerweile auch mehr drauf, als ihr komplettes Programm nach einer halben Stunde wieder von vorne abspulen zu müssen.

Die große Bühne beim Hörnerfest

Nun wagten sie sich auch an andere Festivals. Kleinere und größere. Eines derjenigen, das ihnen eine gewisse Hochachtung einflößte, war das schleswig-holsteinische Hörnerfest. Großer Jubel in der Band, dass sie für 2024 Auftritte auf einer der kleinen Bühne ergattert hatten. Dort, wo weltbekannte Bands der Szene auftreten.

Sie reisten mit Equipment, Familien und ihrer Wagenburg an – wie immer. Hatten ihre Auftritte im Festival-Beiprogramm – wie geplant. Bis zu diesem Vormittag, als Andi an einer der Bars gefragt wurde, ob sie spontan mal auf die große Bühne kommen wollten. Eine Gruppe sei ausgefallen. Jetzt werde Ersatz gesucht und Angrivarii sei positiv aufgefallen. Sie hätten immerhin noch drei Stunden Zeit, sich vorzubereiten.

Der vorläufige Höhepunkt: Angrivarii vor begeistertem Publikum beim Hörnerfest 2024. privat

Der vorläufige Höhepunkt: Angrivarii vor begeistertem Publikum beim Hörnerfest 2024. privat

Kein Vertun: Andi sagte zu. Und bei Angrivarii brach leichte Panik aus. Hatte Jörn doch seine Gitarre bereits mit der Familie nach Hause ziehen lassen. Saß Robert – Robert Kresse, zuständig für Leadgesang, Flöte und Verwaltung – doch beim Tätowierer, um eine bleibende Erinnerung mitzunehmen. Hatten sie doch nicht die geringste Ahnung, wie sie ihre Technik auf die Bühne bringen sollten.

Roberts Tattoo ist bis heute nicht vollendet. Der Gitarrist von Forgotten North machte Jörn zum glücklichen Mann, indem er ihm seine Gitarre auslieh. Und sie durften die Bühne vor zwei- bis dreitausend Fans rocken, die begeistert mitgingen. „Das war echt geil“, sagt Andi. Ob Wacken doch in greifbare Nähe rückt?

Mehr Pläne: Jetzt eine CD

Wohl noch nicht. Aber eine CD, die konnten sie sich jetzt vorstellen. Allein die Kosten schreckten ab.

Aber auch bei diesem Plan spielte ihnen etwas Glück und ein guter Tipp in die Hand: Das Marburg Records Tonstudio habe eine wohltätige Ader. In jedem Jahr lasse es eine kleine Auswahl an Bands zum Schnäppchenpreis eine CD aufnehmen. Angefragt, vorgestellt – Angrivarii kam in diesen Genuss.

Wie aufwändig die Produktion einer CD ist, bekam die Band bald zu spüren. Fünfmal düsten sie mit Sack und Pack gen Marburg. Freitags hin, sonntags zurück. Von Marburg haben sie nicht mehr gesehen, als das Tonstudio und die Jugendherberge, in der sie nächtigten. Völlig fertig mit sich und der Welt, aber trotzdem glücklich und zufrieden sind sie an jedem Wochenende zurück in den Landkreis Nienburg gekommen.

 

CD-Cover: An der CD haben sich Rolf, Olli, Schaster, Robert, Jörn und Andi abgearbeitet – und zieren sie mit ihren Konterfeis. Johannes Richter

CD-Cover: An der CD haben sich Rolf, Olli, Schaster, Robert, Jörn und Andi abgearbeitet – und zieren sie mit ihren Konterfeis. Johannes Richter

Die CD ist im Kasten beziehungsweise in der Hülle. Ab Montag, 9. Juni, soll sie online erhältlich und auf allen gängigen Streaming-Plattformen zu finden sein.

Zur ersten Release-Party von „Der Schwur“ lädt Angrivarii für Freitag, 18. Juli 2025, ab 18 Uhr in Rehburgs Raths-Keller ein.

Eine zweite Release-Party ist ebenfalls geplant: Sie steigt am Freitag, 10. Oktober 2025, ebenfalls ab 18 Uhr in der CD-Kaserne, einem Kulturzentrum in Celle.

Die weitere gute Nachricht: beide Konzerte gibt es bei freiem Eintritt.








Mai 2025
Beate Ney-Janßen

Unvollendet: Damit es mit dem spontanen Auftritt au der großen Bühne des Hörnerfestes klappt, hat Robert die Arbeiten an seinem Tattoo abbrechen lassen. ade



Unvollendet: Damit es mit dem spontanen Auftritt au der großen Bühne des Hörnerfestes klappt, hat Robert die Arbeiten an seinem Tattoo abbrechen lassen. ade

 


Gitarre, Gesang und mittelalterliches Outfit: Um in die Lederrüstung zu passen, habe er 13 Kilogramm abgenommen, erzählt Jörn. privat





Gitarre, Gesang und mittelalterliches Outfit: Um in die Lederrüstung zu passen, habe er 13 Kilogramm abgenommen, erzählt Jörn. privat




Euphorisch im Tonstudio: Fünf Wochenenden hat die Band in Marburg verbracht, um ihre CD „Der Schwur“ aufzunehmen. Andreas Jonik




Euphorisch im Tonstudio: Fünf Wochenenden hat die Band in Marburg verbracht, um ihre CD „Der Schwur“ aufzunehmen. Andreas Jonik


Euphorisch im Tonstudio: Fünf Wochenenden hat die Band in Marburg verbracht, um ihre CD „Der Schwur“ aufzunehmen. Andreas Jonik

 

Der Schlüsselanhänger ist hausgemacht – auf der Homepage www.angrivarii.de können aber nicht nur Veranstaltungen gebucht, sondern auch Merchandise gekauft werden. ade 


 


 









Der Schlüsselanhänger ist hausgemacht – auf der Homepage www.angrivarii.de können aber nicht nur Veranstaltungen gebucht, sondern auch Merchandise gekauft werden. ade

Meistens oben ohne: Andreas Jonik mit Dudelsack beim Walking Act auf dem Mittelaltermarkt in Rehburg. ade





Meistens oben ohne: Andreas Jonik mit Dudelsack beim Walking Act auf dem Mittelaltermarkt in Rehburg. ade



Mittelalter-Fan: Oliver Büntig (rechts) – alias Parzival Drachenbanner – hat sich an einer Tafel auf einem Mittelaltermarkt niedergelassen. ade




Mittelalter-Fan: Oliver Büntig (rechts) – alias Parzival Drachenbanner – hat sich an einer Tafel auf einem Mittelaltermarkt niedergelassen. ade





Soundcheck beim Hörnerfest: Die Band probt in Zivil inmitten ihrer Wagenburg. Oliver Büntig




Soundcheck beim Hörnerfest: Die Band probt in Zivil inmitten ihrer Wagenburg. Oliver Büntig

 


Nah an den Wurzeln: Seit einigen Jahren stapft Angrivarii am 1. Mai den Berg hinauf zum Wilhelmsturm in den Rehburger bergen – sehr zur Freude der Besucher:innen. privat



Nah an den Wurzeln: Seit einigen Jahren stapft Angrivarii am 1. Mai den Berg hinauf zum Wilhelmsturm in den Rehburger bergen – sehr zur Freude der Besucher:innen. privat


Nah dran: „Robert ist eine Rampensau, der holt die Leute auf der Bühne ab“, sagt Rolf Volkewien über ihren Sänger. privat




Nah dran: „Robert ist eine Rampensau, der holt die Leute auf der Bühne ab“, sagt Rolf Volkewien über ihren Sänger. privat

 














Probenraum: In Pennigsehls ehemaliger Grundschule hängt das Banner von Angrivarii an der Wand – und einmal wöchentlich wird es abends laut. ade




Probenraum: In Pennigsehls ehemaliger Grundschule hängt das Banner von Angrivarii an der Wand – und einmal wöchentlich wird es abends laut. ade

 

Mittlerweile möge seine Familie seine Musik, sagt Rolf Volkewien – das war anfangs ganz und gar nicht so. ade




Mittlerweile möge seine Familie seine Musik, sagt Rolf Volkewien – das war anfangs ganz und gar nicht so. ade 


Keep cool: Wolfgang Schustereit hatte eigentlich mit Mittelalterrock nicht viel am Hut – doch Angrivarii ist für ihn Familie geworden. privat




Keep cool: Wolfgang Schustereit hatte eigentlich mit Mittelalterrock nicht viel am Hut – doch Angrivarii ist für ihn Familie geworden. privat