Im Steinhuder Meerbach haben Generationen von Jugendlichen gebadet – wie diese Gruppe, die um 1940 an der Großen Schleuse posiert. Archiv Familie Lustfeld

Stadtgeschichte(n)

aus Rehburg-Loccum

Die Badeanlage am Meerbach

Die Badeanlage im Meerbach

Wo vor 100 Jahren geschwommen wurde

 „Ertrunken im Steinhuder Meerbach“ – diese Notiz taucht über die Jahrhunderte immer wieder in den Kirchenbüchern Rehburgs auf. Einerseits war das Gewässer, das quer durch den Ort floss, ein Segen, weil es doch lange Zeit die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgte. Andererseits barg es Gefahren. Denn wer konnte in jenen Zeiten schon schwimmen? Vor genau 100 Jahren fasste Rehburgs Ortsrat den Plan, eine Badeanlage am Meerbach zu bauen. Eine „Schwimmgelegenheit für die Schuljugend“ sollte geschaffen werden.

Im Steinhuder Meerbach haben Generationen von Jugendlichen gebadet – wie diese Gruppe, die um 1940 an der Großen Schleuse posiert. Archiv Familie Lustfeld


Im Steinhuder Meerbach haben Generationen von Jugendlichen gebadet – wie diese Gruppe, die um 1940 an der Großen Schleuse posiert. Archiv Familie Lustfeld

 

Es war ein kühner Plan, den die Ratsherren hatten. Einer, der sie außerdem teuer zu stehen kommen sollte. Die damals nahezu unglaubliche Summe von 1.000 Reichsmark veranschlagten sie für den Bau. Das war allerdings ein Betrag, den das Städtchen nicht alleine aufbringen konnte. So wandte sich der Magistrat an die Regierung in Hannover und bat um Fördergeld.

Im Archiv von Rehburgs Bürger- und Heimatverein ist das Antwortschreiben der Abteilung für Kirchen und Schulwesen der Regierung in Hannover erhalten geblieben, datiert vom 4. Mai 1925. Mit 500 Mark, der Hälfte der Baukosten, wolle man die Badeanlage unterstützen.

 

Sieben Meter lange Bahnen

Eine Skizze hatte der Rat zuvor eingereicht. Demnach sollte die Badeanlage auf sieben Meter Länge und nahezu ebensolcher Breite angelegt werden. Bohlen sollten den moorigen Untergrund bedecken, eine Hecke – als Sichtschutz? – am Rand gepflanzt und eine Kabine „zur Unterbringung der Kleider“ gebaut werden. Schwimmen zu können oder aktiv zu lernen, war in diesem Bereich unbedingt notwendig, da der Meerbach eine Tiefe von 1,50 bis zwei Metern hatte.

1925 wünschte sich Rehburgs Magistrat diese Badeanlage für die Schuljugend. Archiv BHV


1925 wünschte sich Rehburgs Magistrat diese Badeanlage für die Schuljugend. Archiv BHV

 

Als Standort sah der Rat den Bereich hinter der Schleuse vor - die Schleuse, die westlich Rehburgs 1880 gebaut worden war, um die angrenzenden Felder besser bewässern zu können.

Das Vorhaben erwies sich allem Anschein nach aber als schwieriger als gedacht. Nördlich des Baches musste ein Stück Land gekauft werden. Um die Bohlen verlegen zu können, hätte der Meerbach aufgestaut werden müssen. Beides bereitete so viel Kopfzerbrechen, dass der Plan aufgegeben, beiseitegelegt oder auch ein neuer gefasst wurde.

Zu diesem Zeitpunkt wird die Quellenlage uneindeutig. Werner Hübner behauptet in seiner Rehburg-Chronik, dass die Schwimmanlage daraufhin östlich Rehburgs auf Höhe der Straße „Auf der Bleiche“ gebaut worden sei. Diese Ansicht untermauert auch der Rehburger Gerd Artmann, der sich aus seinen jugendlichen Ausflügen in den 1950ern an die Bohlen auf dem Grund des Baches genau in diesem Bereich erinnert. Eine zweite Bauzeichnung von 1930 umschreibt den Standort jedoch mit „an der Großen Schleuse in Rehburg Stadt“ – die eben westlich des Ortes lag.

Vom Sprungbrett in den Meerbach

Doch ob hier oder dort: Unzweifelhaft ist, dass die Anlage gebaut wurde – und das mit erheblichem Komfort. Der Bereich für Schwimmer maß nun rund 20 Meter längs des Meerbaches. Ein Schwimmbalken trennte ihn von dem seichten Teil ab, der den Nichtschwimmern vorbehalten war.

Für jene, die sich sicher im Wasser bewegten, gab es sogar ein Sprungbrett. Bequemer gelangten alle, die sich auf Abkühlung freuten, über Treppen in den Bach. Der Schicklichkeit wegen war in der Zwischenzeit auch aus der Kabine zur Lagerung der Kleidung eine ganze Reihe kleiner Umkleidekabinen geworden – samt Abort und Pissoir.

Das alles gab es nicht zum Nulltarif: Aus den 1925 noch kalkulierten 1.000 Reichsmark war mittlerweile die stolze Summe von 4.350 Reichsmark geworden.

Entsprechend hatte der Magistrat auch seine Wünsche nach Fördergeld erhöht. 1.800 Mark öffentliche Gelder beantragte er und verpflichtete den Turnverein Rehburg zu Hand- und Spanndiensten im Wert von 600 Mark. Der Rest sollte aus dem Haushalt der Stadt kommen.

Der Entwurf von 1930 für die Badeanlage im Meerbach – samt Sprungbrett, Umkleidekabinen und Pissoir. Archiv BHV


Der Entwurf von 1930 für die Badeanlage im Meerbach – samt Sprungbrett, Umkleidekabinen und Pissoir. Archiv BHV

 

An welchem Ort auch immer diese Badeanlage errichtet wurde – 1931 kam es zur Einweihung und einige Jahre wurde sie wohl genutzt. Doch ebenso schnell soll das mit derart viel Enthusiasmus errichtete Werk auch wieder verfallen sein.

Das hielt allerdings Rehburgs Jugendliche nicht davon ab, den Meerbach weiterhin zur Abkühlung im Sommer aufzusuchen. Um 1940 ist das Foto entstanden, das aus dem Familienalbum August Lustfelds stammt und auf dem dessen Vater gemeinsam mit etlichen anderen Rehburgern in Badehose auf dem Holzgerüst der großen Schleuse posiert.

 

1975 kam das Hallenfreibad

Wirkliche Abhilfe über das weiterhin nicht ungefährliche Bad im Meerbach gab es genau 50 Jahre nach dem ersten Versuch von 1925: In der jungen Stadt Rehburg-Loccum eröffnete das Hallenfreibad. Eingeweiht wurde es am 15. März 1975.

Seitdem steht ein Becken von 25 mal 12 Metern zur Verfügung, das ebenfalls nah am Meerbach liegt, direkt an die Grundschule angrenzt – und in dem Schüler:innen schwimmen lernen, die DLRG mit vielen Gruppen trainiert und auch der öffentliche Badebetrieb floriert.

Konzipiert war das Bad für einen Ganzjahresbetrieb. Im Sommer ließ sich die Glasfront vor dem Becken weit öffnen, um auf die Liegewiese zu gelangen. Mit der Eröffnung des Freizeitbades in Münchehagen 1987 hatte sich der Sommerbetrieb allerdings erledigt. Das Bäderteam zieht seitdem zweimal jährlich mit Sack und Pack um: Zum Sommer nach Münchehagen, zur Wintersaison nach Rehburg.

Vom ersten Ansinnen einer „Schwimmgelegenheit für die Schuljugend“ bis zur nachhaltigen Verwirklichung vergingen 50 Jahre: 1975 ist das Hallenbad in Rehburg eröffnet worden. Archiv BHV


Vom ersten Ansinnen einer „Schwimmgelegenheit für die Schuljugend“ bis zur nachhaltigen Verwirklichung vergingen 50 Jahre: 1975 ist das Hallenbad in Rehburg eröffnet worden. Archiv BHV

 

Und der Meerbach? Plätschert friedlicher vor sich hin. Mit dem badetauglich tiefen Wasser an der großen Schleuse war es irgendwann vorbei. Von 1956 bis 1963 wurde der Bach ausgebaut, vertieft, verbreitert. Ein Ergebnis dieser Umbauten war die Betonwanne, in der er immer noch durch Rehburgs Zentrum fließt. Ein anderes, dass die westliche große Schleuse demontiert wurde. Wer heute den grasbewachsenen Weg hinter der Kläranlage an dem Gewässer entlanggeht, findet keine Hinweise mehr auf dieses Bauwerk.

 

Im östlichen Bereich, nahe „Auf der Bleiche“, fällt das Wasser jedoch immer noch in einer kleinen Staustufe herab. Das so genannte Sportplatzwehr – da es sich direkt am ehemaligen Meerbachstadion befindet – entstand ebenfalls im Zuge des Meerbach-Ausbaus. 1954 gebaut, nahm die Stadt es bereits 1967 außer Betrieb, berichtet Rehburg-Loccums Fachdienstleiter Bauen, Björn Polacek. Damals sei festgestellt worden, dass es einfach die falsche Stelle für solch ein Wehr gewesen sei.

Östlich von Rehburgs Ortskern ist 1954 diese Schleuse gebaut worden. ade


Östlich von Rehburgs Ortskern ist 1954 diese Schleuse gebaut worden. ade

 

Das kleine Häuschen neben dem Wehr hat allerdings andere Funktionen als die einer Graffiti-Übungsfläche. In seinem Inneren, sagt Polacek, befinde sich die Mechanik für die Schleuse. Die sei noch völlig funktionsfähig und komme in Ausnahmefällen zum Einsatz.


Hinweise gesucht: Wer weiß noch mehr?

Es bleiben – wie eigentlich immer in Erzählungen aus der Geschichte – Fragen offen. Wo war die Badeanlage im Meerbach tatsächlich? Weshalb wurde sie aufgegeben? Ranken sich weitere Geschichten um dieses Kapitel der Stadtgeschichte?

Wir möchten es wissen und freuen uns über Erinnerungen, Dokumente oder auch Fotos, um unsere Geschichtsschreibung fortführen zu können.

Erreichbar sind wir telefonisch unter (0174) 9139598 oder per E-Mail unter regenbogen@rehburg-loccum.de.

Beate Ney-Janßen
Mai 2025

Ungefähr an dieser Stelle muss bis vor 60 Jahren die Große Schleuse für die Regulierung des Wassers im Meerbach gesorgt haben – die womöglich einmal Rehburgs Badeanlage, auf jeden Fall aber eine beliebte Badestelle war. Im Hintergrund ist die Kläranlage zu sehen. ade

Ungefähr an dieser Stelle muss bis vor 60 Jahren die Große Schleuse für die Regulierung des Wassers im Meerbach gesorgt haben – die womöglich einmal Rehburgs Badeanlage, auf jeden Fall aber eine beliebte Badestelle war. Im Hintergrund ist die Kläranlage zu sehen. ade