Historisches aus Loccum

Café Niedlich

Café Niedlich

Standort: "Marktstraße" - Einmündung Steinweg

Das Foto zeigt das Café Niedlich mit Gästen im Vorgarten

Café Niedlich mit Gästen im Garten


Schon bevor der große Tourismus Dorf und Kloster Loccum ansteuerte, gab es hier um 1920 einen kleinen Pavillon, der unter dem Namen „Café Niedlich“ bekannt war und vom Bäckermeister Wiegrebe am heutigen Standort der früheren Bäckerei an der Marktstraße/Einmündung Steinweg betrieben wurde.
Das Bild dieses Podestschildes zeigt rechts einen Teil des kleinen, am Haus der früheren Bäckerei angebauten Pavillons und davor Café-Gäste im Garten. Im Hintergrund ist das frühere Schulgebäude, damals als „neue Schule“ bekannt, (heute Jugendzentrum) zu erkennen. Das Foto wurde Mitte der 1920-er Jahre aufgenommen.
Der fragliche kleine Pavillon war am Gebäude des früheren Geschäftshauses angebaut und hatte seinen Standort -betrachtet vom Standort dieses Informationsschildes- an der heutigen nordwestlichen Ecke des Gebäudes, links neben dem heutigen Hauseingang. Der Cafégarten befand sich auf dem heute gepflasterten Platz vor dem Haus der Eheleute Wilfried und Elisabeth Wiegrebe.
Bäckermeister Wilhelm Wiegrebe, Vater des heutigen Bäckermeisters i.R. Wilfried Wiegrebe, hatte den kleinen Fachwerkanbau mit einem flachen Walmdach an seinem Bäckereigebäude auf vielfachen Wunsch von Besuchern des Klosters und Loccumer Bürgern 1920 als Stätte zum Verweilen, Klönen und Genuss von Kaffee und hauseigenem Kuchen umfunktioniert. Leider hielt der Cafébetrieb nur bis 1928. Dann diente der Raum als Lager und zu anderen Zwecken, u.a. als vorrübergehender Wohnraum des Ingenieurs Bückner, der Ende der in der zweiten Hälfte der 1930-Jahre maßgeblich und verantwortlich den Bau der früheren Bahnanlage zum damaligen Militärlager der Reichswehr in der Loccumer Heide plante und leitete. Die Straße nach Wiedensahl musste damals mit einem aufgeschütteten Bauwerk und Betondurchlass über die Bahnstrecke verlegt werden. Daher wird diese heute noch bestehende Strecke der Kreisstraße im Volksmund als „Bückner-Denkmal“ bezeichnet. Bückner plante und baute in der Loccumer Heide u.a. auch das dort heute noch bestehende und im Betrieb befindliche Loccumer Wasserwerk und die ersten Wasserleitungen in Loccum.
Der kleine Fachwerkbau des „Café Niedlich“ wurde im Jahr 1976 im Rahmen des Um- und Ausbaues der Bäckerei Wiegrebe von Wilfried Wiegrebes Schwager Ernst Wöbbeking aus dem Nachbarort Leese fachmännisch abgebaut und in Leese auf Wöbbekings Anwesen „Rieder End 22“ aufgestellt und steht dort heute noch, allerdings leider inzwischen in mehrfach veränderter Bauweise.

Wohn- und Bäckereihaus Wiegrebe 1920

 

Ansicht des Wohn- und Bäckereihauses Wiegrebe in den 1920-er Jahren am heute noch bestehenden Standort. Links auf dem Foto ist der als „Café Niedlich“ genutzte Fachwerkanbau zu sehen.

EIN BLICK IN DIE HISTORIE DER FRÜHEREN BÄCKEREI WIEGREBE

Bäckerei Wiegerebe 1910


Dies Foto entstand etwa um 1910 und zeigt von links: Bäckermeister Heinrich Wiegrebe, unbekannter Mann, Karoline Wiegrebe geb. Kramer, die Ehefrau des Bäckermeisters und ihre Mutter Karoline Kramer und vermutlich ein Kindermädchen. Im Vordergrund die beiden Kinder sind Nelly und Willi Wiegrebe (der spätere Vater von Wilfried Wiegrebe).
Hinter dem Fenster links mit einer ausklappbaren Markise darüber war der Verkaufsraum der damaligen Bäckerei. Die Fensterscheibe weist eine Beschriftung auf, von der man mit der Lupe noch die Bezeichnung „….von Heinrich Wiegrebe“ entziffern kann. Der nicht zu entziffernde obere Teil der Fensterbeschriftung könnte der Hinweis auf eine „Landbäckerei“ sein.
Eine Bäckerei als selbstständiger Gewerbebetrieb ist in Loccum erst seit 1824 nachgewiesen. Dies ist sicherlich darin begründet, dass früher in allen Haushalten selbst gebacken wurde. Die Bäckerei Wiegrebe bestand nachweislich seit 1898. Der Betrieb befand sich von der Gründung bis zur Einstellung der Bäckerei im Jahr 2008 an diesem Standort hier in der Ortsmitte an der Marktstraße, der damaligen Hauptstraße, in der Nähe des Kloster-Haupttores.
Die Bäckerei Wiegrebe wurde nach dem Gründer Heinrich Wiegrebe von dessen Sohn Wilhelm bis 1959 weitergeführt. Von 1959 bis 1969 war die Bäckerei verpachtet, bis Wilfried Wiegrebe nach einer Fremdlehre und auswärtigen Tätigkeit, um Erfahrungen zu sammeln, nach bestandener Meisterprüfung in dritter Generation die Bäckerei seiner Vorfahren übernahm und weiter führte.
Im Jahr 1976 erfolgte ein kompletter aufwendiger Umbau und eine Modernisierung der Bäckerei, des Verkaufsraumes und des Wohnteiles des ursprünglich aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gebäudes.
Wilfried Wiegrebe, ein wahrer Meister seines Faches und im Klosterort besser bekannt unter dem Beinamen „Bösen-Bäcker“ (nach einem seiner Vorfahren der in Loccum mehrfach vertreten gewesenen Angehörigen der Familien Wiegrebe unter denen durch Heirat u.a. auch eine Familie namens „Böse“ in der Familienhierarchie Einzug fand), brachte das Geschäft zur Blüte seines Bestehens.
Er wurde besonders bekannt durch seinen berühmten „Loccumer (Löccer) Butterkuchen, gebacken nach einem alten und überlieferten Rezept. Dieser Butterkuchen wird seit vielen Jahren beim jährlichen Neujahrsemfang im Kloster Loccum mit ranghohen Vertretern des öffentlichen Lebens aus Niedersachsen und darüber hinaus gereicht. Man munkelt, dass viele Persönlichkeiten (Ministerpräsidenten, Minister, Bischöfe, Generäle u.a.m.) hauptsächlich u.a. auch zu dem Neujahrsempfang nach Loccum wegen des vorzüglichen Butterkuchens kamen und kommen. Selbst nach der Betriebsschließung der Bäckerei Wiegrebe wird der berühmte „Löccer Butterkuchen“ nach Wiegrebes Rezept, vom Rehburger Bäckermeister Wolfgang Wulf weiterhin gebacken, dem Wilfried Wiegrebe das Geheimrezept anvertraut hat. Und so kann man den vorzüglichen Kuchen auch nach wie vor in der bekannten Qualität im Geschäft Wulf kaufen und er wird auch weiterhin beim Neujahrsempfang im Kloster Loccum und anderen Anlässen dort und im Ort selbst den Gästen gereicht.

Fotos und Texte zusammengestellt und ausgearbeitet vom ARBEITSKREIS „DORFERNEUERUNG LOCCUM“ 2015