Eine Collage aus Portraits engagierter Bürger

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Winzlar - Leben wie im Urlaub

Winzlar

Ländliche Idylle mit Ziegen - Winzlar

Fero umarmt seine Ziegen

„Mal was anderes sehen“. Für Fero ist das ein guter Grund, sich die Leinen zu schnappen und mit seinen Ziegen Schnucki und Knickohr einen Spaziergang zu machen. Wohin? Darum macht er sich nicht allzu viele Gedanken. Manchmal zieht es ihn den Berg hinter dem Hof seiner Eltern hinauf. Manchmal führt er die Zicklein ins Dorf. Und wenn alle drei die Lust auf einen weiten Spaziergang packt, machen sie sich auf zu den Schwimmenden Wiesen. Mitten ins Naturschutzgebiet.

 


 

Haarberg-Hütte mit zwei Männern auf dem Balkon

Fero liebt es, in Winzlar zu leben. Den Hof mit den vielen Tieren, die er seinen Eltern nach und nach abringt. Das Dorf mit seinen krummen Wegen und alten Bauernhäusern. Die Landschaft ringsum mit seltener Flora und Fauna. Und die Menschen, denen er begegnet, wenn er mit Schnucki und Knickohr unterwegs ist. Wer wissen will, was Fero an seinem Dorf Winzlar fasziniert, folgt dieser Geschichte.
Beginnen wir mit dem Berg hinterm Haus. Haarberg ist sein Name. Andernorts würde er kaum die Bezeichnung „Berg“ bekommen. In der flachen Landschaft der norddeutschen Tiefebene hebt er sich aber deutlich aus dem Gelände hervor.
Zweierlei zeichnet ihn aus: Wer die sachte Steigung nimmt, wird mit weitem unverstelltem Blick auf das Steinhuder Meer belohnt und befindet sich zudem auf Grund und Boden, auf dem vor Jahrhunderten die Vorfahren des Lügenbarons Hieronymus von Münchhausen in ihrer Burg residierten.

 

Fero mit einer Frau und seinen Ziegen

Manchmal trifft Fero auf halbem Weg an der Schutzhütte auf Günter Bohner. Der ist eines der Winzlarer Urgesteine. Immer hilfsbereit und immer für eine Überraschung gut. Vor Jahren hat er mit einem Männerteam aus dem Dorf beschlossen, dass die verfallene Hütte am Berg aufgemöbelt werden muss, damit alle den Blick aufs Meer bei jedem Wetter genießen können. Manche sagen nun, dass die Hütte eher einer kleinen Kapelle ähnelt. So, wie sie sich mit ihrem Türmchen über die Landschaft erhebt.
Ein Anlaufpunkt ist sie nicht nur für Wanderer, sondern auch für große Feste. Im Sommer, wenn in Steinhude das Steinhuder Meer in Flammen steht, oder dann, wenn das Männerteam zum Fest am Haarberg einlädt, strömen Scharen auf den Berg. Zu sehen bekommen sie dann neben dem Meer auch das Dorf, das sich nah an Norddeutschlands größten Binnensee schmiegt – zu dem es Fero nun zieht.

 

Herr Brandt bei der ÖSSM

Nord- oder Südstraße – alle Wege führen in Winzlar irgendwann zur Eierbratstelle. So kommt auch Fero auf dem Weg zum Meer dort vorbei. Ruht er sich auf der Bank rund um die öffentliche Feuerstelle aus, bekommt er oft Gesellschaft. Von Nachbarn, die auf einen Klönschnack aus sind. Oder von Touristen, die auf dem Rundwanderweg ums Steinhuder Meer radeln und sich das idyllische Bauerndorf nicht entgehen lassen wollen.
Schnucki und Knickohr können ein wenig grasen, während Fero den Gästen weiterhilft. Was sie wissen wollen? Oft mehr über die Naturschutzgebiete, durch die sie gefahren sind, in denen womöglich ein Adler über ihre Köpfe segelte, ein Laubfrosch im Baum quakte oder ein Nerz flink vor ihren Rädern über den Weg gehuscht ist. Mit Tieren kennt Fero sich aus – weiß aber auch, wer dazu noch viel mehr erzählen kann. „Fahren Sie zur ÖSSM“, rät er den Gästen.

 

Fero bei der Milchbänke

Die ÖSSM, die Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer, ist nur vier Fahrradminuten entfernt von der Eierbratstelle und die Keimzelle des Naturschutzes am Meer. Ohne sie gäbe es den Rundwanderweg nicht, ohne sie auch nicht Adler, Laubfrosch, Nerz und Co. Ein Besuch in der Ausstellung lohnt sich, um deren Vorgehensweise beim Naturschutz besser zu verstehen. Ein großes Team, vom wissenschaftlichen Leiter Thomas Brandt bis zu zahlreichen Freiwilligendienstlern, arbeitet daran. Und alle sind auskunftsfreudig.
Bevor die Radfahrer sich von Fero verabschieden, bedienen sie sich gerne noch an Büchern und Prospekten aus dem Offenen Bücherschrank, der immer gut gefüllt ist – und Fero zieht weiter die Südstraße zum Milchbankenviertel herunter.
Milchkannen stehen auf den hölzernen Bänken vor den großen Meierhöfen nur noch zur Schau. Aber Winzlarer wie Gerd Abelmann und Viktor Grote lassen sich immer noch gerne zum Feierabendbier darauf nieder.  


Otto mit seinem Fahrrad bei dem Dino

Milchvieh halten die Familien Abelmann und Grote schon lange nicht mehr, an muhenden Kühen kommt Fero auf seinem Weg zum Meer aber dennoch vorbei. Was wäre schließlich ein Bauerndorf ohne Rindvieh! Die Rotbunten der Familie Wilkening lassen sich von den Ziegen nicht beeindrucken und käuen unbeirrt weiter.
Nun muss Fero die Leinen kurz halten, denn auf dem Rundwanderweg ist ordentlich was los. Die einen brausen um das Meer, andere haben die Dino-Route auserkoren. An Bank und T-Rex neben dem Pfad macht Otto Lüer Rast auf der Suche nach neuen Attraktionen. Er ist einer der Tourenleiter Rehburg-Loccum, die zu geführten Fahrradtouren einladen.



Birdwatcher beobachten mit ihren Ferngläsern die Vögel

Und dann heißt es laufen für den Jungen und seine Ziegen. Durch die Schwimmenden Wiesen und bis zum Steinhuder Meer. In einer Schutzhütte tummeln sich Birdwatcher in der Hoffnung auf einen seltenen Abschuss. Natürlich nur mit der Kamera. Vielleicht ein Blaukehlchen, das aus voller Kehle singt? Oder ein Fischadler, der sich rasant auf die Wasseroberfläche stürzt, um einen Fisch zu ergattern. Irgendetwas kommt ihnen immer vor die Kamera. Nicht umsonst gilt diese Landschaft als El Dorado für alle, die Vögel beobachten wollen.

 


 

Feros Kleingeld

Auf dem hölzernen Steg zum Aussichtsturm am Meer gurgelt Wasser unter den Füßen der Wanderer. Endstation – jetzt noch ein Blick auf die Festung Wilhelmstein und einen majestätisch vorbeiziehenden Schwan. Dann wählt das Trio den Rückweg.
Fero wäre gerne noch weitergegangen. Zu den Wasserbüffeln, die auf vielen Wiesen stehen. Weil ein eigener Wasserbüffel sein größter Traum ist. Aber Schnucki und Knickohr hängt die Zunge bereits zum Hals heraus. Ob sie auf dem Rückweg noch etwas Wasser ergattern? Und eine Limo für Fero? Er kramt in seinen Hosentaschen, fördert einige Münzen hervor. Das müsste reichen für einen Abstecher zum Prinzhorn.

 

Inhaber von Fisch Otto vor ihrem Schild

„Lustige Geschichte“, sagt Fero. Die Geschichte von der Gaststätte Prinzhorn, die seit gefühlt ewigen Zeiten ein beliebter Treffpunkt in Winzlar ist. Bis Familie Prinzhorn nicht mehr konnte. Der neu zugezogene Dachdecker hat sie gerettet. Fabian Krems. Weil ein Dorf doch eine Dorfkneipe braucht.
Fero biegt in die Nordstraße ein, hat das Prinzhorn schon im Blick und meint die kühle Limo schon in der Kehle zu spüren. Kurz müssen er und die Ziegen auf der Straße noch Platz machen für den Lieferwagen von Fisch-Otto. Auch etwas, was schon lange zu Winzlar gehört: Der Betrieb im hintersten Winkel des Dorfes, in dem Fischspezialitäten zubereitet werden. „Zweimal haben die schon einen Oscar gewonnen“, erzählt Fero. Den Oscar der Fischbranche.

 

Fero auf seinem Trecker

Nachdem Schnucki und Krummbein den Hundenapf vorm Prinzhorn leer geschlabbert haben, setzt Fero sich in den Biergarten. „Ich könnte euch aber noch viel mehr zeigen!“, sagt er und beginnt aufzuzählen. Von den Vereinen im Ort. Fußball und Taekwondo beim TV Eiche Winzlar. Von den Schützen im Dorfgemeinschaftshaus und deren jährlicher Schützenfest-Sause. Von den Theatergruppen – eine davon, die ‚Winzlarer Witzlinge‘, speziell für Kinder! Von den Leuten im Dorf, die anpacken und mitgestalten – nicht nur dann, wenn der Ortsrat zum jährlichen Großreinemachen auf Straßen und Wegen einlädt. Und natürlich besonders viel davon, wie sehr er das Leben in seinem Dorf genießt. Doch Fero sitzt schon der nächste Termin im Nacken. Rasen mähen bei seinem Opa. Mit dem Rasenmäher-Trecker, der ihm gehört. „Mein Lohnunternehmen“, nennt er das und grinst. Damit bessert er sich sein Taschengeld auf. Um sich die Limo leisten zu können. Kappe gerade gerückt, Leinen fest in die Hand genommen – und schon stapft Fero los zu seinem nächsten Abenteuer.