Jurassic Days 2

Stadtgeschichte(n)

aus Rehburg-Loccum

Jurassic Days - lebendige Urzeit im Dinopark

Jurassic Days - lebendige Urzeit im Dinopark

Der Elektrozaun ist noch eingemottet. 10.000 Volt sollen durch ihn fließen, wenn dem Schild geglaubt werden darf, das in einer Ecke des Dinoparks schlummert. „Aber wir fangen jetzt schon mit den Vorbereitungen an“, sagt Benjamin Englich. Den Vorbereitungen für die Jurassic Days, die den Freizeit- und Wissenschaftspark in Münchehagen am Wochenende vom 17. und 18. Juni bereits zum siebten Mal in eine Kulisse verwandeln, die Steven Spielbergs Fantasien entsprungen ist.

 

Jurassic Days 1 

10.000 Volt – wer zuckt vor dieser Warnung nicht zurück?. (Dinopark)

Englich ist Geowissenschaftler und Paläontologe. „Mein Traumjob“, sagt der 37-Jährige - und das schon, seit er sich als Kind beim Zeichentrickfilm „In einem Land vor unserer Zeit“ in die Urzeit verliebte. Oft mussten seine Eltern mit ihm aus dem heimischen Burgdorf nach Münchehagen fahren. Fasziniert von den Dino-Modellen und mit einem Blick auf alles, was dem aktuellen Stand der Wissenschaft womöglich nicht entsprach, lief der kleine Benjamin zwischen den Dinos herum. „Hinterher habe ich dem Park geschrieben, was alles falsch ist“, erzählt er grinsend.

 

Jurassic World ist Pflichtprogramm

Seit 2012 Jahren ist der Dinopark Englichs Arbeitsplatz. Als wissenschaftlicher Leiter kann er mittlerweile selbst dafür sorgen, dass stimmt, was dort vermittelt wird. Ob geändert wurde, was er als Kind anregte? Seine Briefe von damals suche er immer noch im Archiv, sagt er schmunzelnd.

Das „Land vor unserer Zeit“ hat er mittlerweile hinter sich gelassen. Stattdessen sind Spielbergs Jurassic-Reihen Pflichtprogramm. Nicht nur in der Freizeit, sondern auch bei der Arbeit. Vom ersten Teil der Jurassic Park-Trilogie aus dem Jahr 1993 bis zum krönenden Abschluss der Jurassic World-Reihe, der 2022 in die Kinos kam. Schließlich können er und das Dinopark-Team sich nur so gebührend auf eines ihrer jährlichen Großereignisse vorbereiten.

 

Jurassic Days 2

Keine Angst vor großen Tieren: Benjamin Englichs Arbeitsplatz ist in der Urzeit des Dinoparks. ade

Dazu gehört der eingangs erwähnte Elektrozaun, eindrucksvoll drapiert vor einem zähnefletschenden Tyrannosaurus Rex. Die erstarrte Szene lassen Cosplayer bei den Jurassic Days lebendig werden, denen kaum ein Weg zu weit ist, um bei diesem Ereignis dabei zu sein.

Eine gut vernetzte Community sei das, die ihr Hobby mit wirklicher Leidenschaft ausübe. Kleidung, Zubehör, Frisuren – alles soll möglichst authentisch sein. Bis hin zu den Waffen, mit denen den ausgebüxten Sauriern in Jurassic World zu Leibe gerückt wird. Oder auch den Fahrzeugen, mit denen wilde Verfolgungsjagden auf der Isla Nublar dem Kinopublikum den Atem verschlagen.

Cosplayer stöbern auf Schrottplätzen

„Einer der Cosplayer ist für zwei Monate in die USA geflogen, um ein bestimmtes Teil für seinen Jeep zu finden“, erzählt Englich. Seinen Urlaub habe der Mann stöbernd auf diversen Schrottplätzen in den Staaten verbracht. Mit Erfolg – der Jeep sei nun ein perfektes Abbild des Originals.

Natürlich kann im Park nicht jede Filmszene nachgespielt werden. Der Dinopark ist zwar ein in sich abgeschlossenes Gelände, aber eben keine Insel im Pazifik und trotz aller aufreibender Spiele um geklonte Dinosaurier hat die Sicherheit der Besucher Vorrang. Ein Grund, weshalb die Jeeps der Cosplayer sich am Wochenende der Jurassic Days nicht von der Stelle bewegen und die Squads nur im Schritttempo auf den Wegen düsen dürfen.

Jurassic Days 3

Rasante Verfolgungsfahrten in möglichst authentischen Jeeps bleiben bei den Jurassic Days außen vor – die Fahrzeuge gilt es aber dennoch zu bewundern. (Dinopark) 

Ganz und gar nicht langsam oder gar starr ist hingegen Velociraptor Blue. Die intelligente Saurierdame ist allen Jurassic World-Fans ans Herz gewachsen - und läuft in Münchehagen zwei Tage lang springlebendig und mit vier Metern Körperlänge durch den Park. Blue, die mit den Augenlidern klimpert, die meistens Entzücken, manchmal auch Schrecken verbreitet, wenn sie ihre Dino-Geräuschkulisse voll auffährt, und agil und wendig in das Spiel eingreift.

Buchbar als Dinosaurier

Das, was in ihr steckt, heißt im bürgerlichen Leben Carsten Wermker, stammt aus dem Osnabrücker Raum und ist ein Dino-Fan. Was für die die übrige Jurassic-Crew, wie sich die Cosplayer nennen, Hobby ist, hat Wermker mittlerweile zur Profession gemacht. „Raptorex“ heißt sein kleines Unternehmen, in dem er in mehr als nur die Rolle der Blue schlüpft. Wahlweise lässt er sich als Ritter aus Game of Thrones, als rauchspeiender Drache oder auch als lustiges Schweinchen buchen. Für Conventions, Firmenfeiern oder für alle anderen Gelegenheiten, die durch seine Auftritte aufgepeppt werden oder einen authentischen Touch bekommen sollen.

Jurassic Days 4

Vom Menschenmann zum Saurier – als Blue hinterlässt Carsten Wermker schon mal einen furchterregenden Eindruck. (Dinopark)

In aller Fantasy, der er das ganze Jahr über begegnet, sind die Jurassic Days für ihn etwas Besonderes geblieben, sagt er. Weil die Crew selten in so großer Mann- und Fraustärke zusammenkomme – „Das ist für uns so etwas wie unsere Jahreshauptversammlung!“ – und weil der Park ihnen so viele Möglichkeiten biete. Angefangen bei den Dinos im Park über die Labore, die sie bespielen dürften bis hin zu dem hügeligen bewaldeten Gelände. Ideal auch für Blue.

Wer sie allerdings in Action sehen will, sollte auf die Zeitpläne im Park achten, denn in diesem Kostüm zu stecken ist echte Knochenarbeit: 40 Kilogramm schwer, meistens jenseits des aufrechten Gangs und mit einem Sichtfeld, das viele tote Winkel hat.

Velociraptor Blue – der ADHS-Dino

Die Verwandlung sei einfach, sagt Wermker. Drei Minuten, dann steckt er in der Dino-Haut, hat den Beckengurt festgezurrt, die Kamera eingeschaltet, die ihm im Inneren die Augen ersetzt, und die künstlichen Kniegelenke angelegt, die seine Muskulatur in dem schweren und sperrigen Kostüm stabilisieren. Erst damit könne Blue so flink sein, auch schon mal einen Sprint hinlegen und immer in Bewegung bleiben. Das mache schließlich ihren Charakter aus. Seinen „ADHS-Dino“ nennt er sie.

Maximal 30 Minuten hält er mit ungebremster Energie durch, bevor er erschöpft eine Pause einlegen muss. Trotz Fitnessprogramm, auf das er, der gelernte Schwimmmeister, immer Wert legt. 30 Minuten, die sich für ihn jedes Mal lohnen. Erst recht im Dinopark, wo er Kinder für die Urzeit begeistern möchte.

Immer nur Begeisterung, niemals Furcht? „Doch, auch das kommt vor“, räumt Bremker ein. Dann seien aber immer Parkmitarbeiter in der Nähe, die deeskalierten. „Die Kleinen dürfen Blue nur nicht ärgern“, fügt er zwinkernd hinzu. Dann werde sie nämlich wirklich furchterregend.

Jurassic Days 5

Die niedlichen Diabloceratops-Babys fertigt der Dinopark an, um sie in das Spiel zu integrieren und die Besucher einzubeziehen. ade 

Der Jurassic World fügt der Dinopark an diesem wie an jedem anderen Tag eine ordentliche Portion Wissenschaft hinzu. Die Labore sind geöffnet, die Schaupräparation von Trittsiegeln bis zu versteinerten Knochen in vollem Gang. Dort dreht sich momentan noch ein Saurierzahn auf einem 3D-Scanner. Daneben liegen winzige Diabloceratops-Babys. Nahezu zärtlich nimmt Englich eines der durchscheinenden grünen Modelle in die Hand.

 

Überraschungspakete für die Besucher

Die Mini-Dinos sind ein Teil des Überraschungspakets, das der Park für die Besucher vorbereitet. Mehr, als dass sie noch ins Farbbad kommen, verrät Englich nicht, freut sich aber schon auf Kinder mit Einwürfen zu den nicht gerade lebensechten Modellen. Weil Kinder doch die eigentlichen Dino-Experten sind.

Jurassic Days 6

Mehr als ein Freizeitpark: An seinem Arbeitsplatz im Dinopark forscht Benjamin Englich nach wie vor als Paläontologe an den Spuren der Urzeit. ade

Das ist der Grund, weshalb sie auch erfahren sollen, wie es im wirklichen Leben um das bestellt ist, was in Jurassic World für Angst und Schrecken sorgt: Das Klonen der Dinosaurier.

Um es vorweg zu nehmen: Die Chancen auf einen wahrhaftigen Themenpark mit lebenden Sauriern stehen – noch – denkbar schlecht. „Es gibt Versuche, Mammuts zu klonen“, berichtet er. Komplette DNA-Stränge der Elefanten-Vorgänger seien vorhanden. Das allein reiche aber nicht. Was noch fehle, sei das Muttertier, die Eizelle, also ein Träger für ein kleines Mammut. Rückzüchtungen von Elefanten sollen das möglich machen, rund 4.000 Jahre nachdem das letzte Mammut auf der Erde starb.

Dino-Klone noch nicht absehbar

Ethisch vertretbar? Englich zögert, wägt ab und ist beinahe froh, dass der letzte Saurier die Erde vor noch viel längerer Zeit verlassen hat. Deren nächste lebende Verwandte seien Strauße und Emus, erklärt er und wirft die rhetorische Frage in den Raum, was wohl herauskäme, wenn Dino-DNA von einem Strauß ausgebrütet werde.

Die kurze Antwort auf einen echten Jurassic-Park lautet also: In absehbarer Zeit können Buchungen für solche Abenteuerurlaube nicht aufgegeben werden. Vielleicht auch besser so, meint Englich. Stattdessen sollten Besucher lieber zu den Jurassic Days im Dinopark kommen. Was kaum weniger Spaß mache, aber wesentlich sicherer sei.

 Juni 2023

Text und Fotos: Beate Ney-Janßen
Fotos: Dinopark Münchehagen

Jurassic Days

Sa, 17. Juni, und Sonntag, 18. Juni 2023

Geöffnet täglich, 9 bis 17 Uhr

Dinopark Münchehagen

Alte Zollstraße 5

31547 Rehburg-Loccum

www.dinopark.de


Jurassic Days 7



Jurassic Days 8



Jurassic Days 9



Jurassic Days 10



Jurassic Days 11