Stadtgeschichte(n)

aus Rehburg-Loccum

Wunschkonzerte für den Wünschewagen

Wunschkonzert für den Wünschewagen

Brodelnder Saal bei Dennis Kühn und den Bluelights

Klatschen, johlen, pfeifen und zum Ende stehende Ovationen – Dennis Kühn und die Bluelights haben Rehburgs Bürgersaal an zwei Abenden zum Brodeln gebracht. Ein Heimspiel für den Sänger und Gitarristen, wie auch für Bassist Jens Sewohl und Benjamin Brodka am Schlagzeug. Schon vor mehr als 30 Jahren haben sie in und um Rehburg für Furore gesorgt und ihr Publikum von den Stühlen geholt. Alte Fans haben in Erinnerungen geschwelgt und neue Fans haben die drei Männer sich gesichert. 

Die Bluelights

Die Bluelights – in Rehburgs Bürgersaal seit 30 Jahren wie zu Hause.

 Die Gruppe in der ersten Reihe geht mit, lacht, applaudiert, ist offensichtlich begeistert. „Ihr seid wirklich zum ersten Mal hier?“, fragt Kühn ungläubig von der Bühne herab. Sind sie. Ersttäter. Obwohl der Rehburger doch eigentlich – abgesehen von Corona – in jedem zweiten Jahr ein solches Konzert anbietet. Sein Grinsen wird breiter, als er realisiert, dass er diese Truppe seiner Anhängerschar hinzufügen kann.

Der Saal ist an beiden Abenden voll und die Erwartungen werden – wie gesagt – erfüllt. Bis zur Pause bestreitet Kühn das Programm allein. Ein Mann, seine Gitarre und seine Stimme. In Liedermachermanier sitzt er da und präsentiert, was er in den vier Jahren, seit er zuletzt auf diesem Hocker saß, getextet und einstudiert hat. Um die „alten“ Fans zufrieden zu stellen, hat er auch einige seiner Oldies dabei. Was er spielt, reicht von Liebeserklärungen – mal an seine Familie, mal an Rehburg, mal an seine Brille – bis hin zu politischen Songs, mit deren Inhalt sich auch Reinhard Mey und Co. identifizieren könnten. 

Dennis Kühn will es spaßig 

Seine Vorliebe für humorvolle, manchmal auch schlüpfrige Texte lebt er ebenso aus. Spaßig nennt er dieses Faible, zum Lachen will er die Leute bringen. Mit diesen Liedern und auch mit den Einlagen zwischen dem Gitarrenspiel. Darum, einen Witz – und gerne auch noch einen – zu erzählen, ist er nie verlegen. Im Zweifelsfall auf eigene Kosten oder die seiner Bandmitglieder. Sein Publikum liebt ihn dafür. 

Stehende Ovationen für die Bluelights

Stehende Ovationen – besser geht’s nicht zum Ende eines Konzertes.

 Ein bisschen mehr Zurückhaltung in Sachen Witze auferlegt er sich nach der Pause und erweitert stattdessen die Mannstärke auf der Bühne um Sewohl und Brodka. Ein eingespieltes Team mit einiger Bühnenerfahrung, auch wenn keiner der drei eine Karriere als Berufsmusiker jemals ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Die Stimmung im Saal bleibt ungebrochen gut, als zweites Highlight des Abends werden die Bluelights gefeiert – für ihre eigenen Songs und die Coverversionen aus alten Zeiten. Westernhagens „Taximann“ und „Fürstenfeld“ von S.T.S. beispielsweise.

400 Konzertbesucher haben sie begeistert und nicht nur das: Wer den Eintrittspreis bezahlt hatte, konnte mit dem Gefühl nach Hause gehen, auch noch eine gute Sache unterstützt zu haben, denn der Erlös beider Konzerte wird dem Wünschewagen übergeben. Der hätte am ersten Abend eigentlich auf Rehburgs Stadtplatz stehen sollen, rückte dann aber aus, um einen letzten Wunsch zu erfüllen.

Der Wünschewagen, ein ausschließlich aus Spenden finanziertes Projekt, ist unterwegs, um Sterbenden letzte Wünsche zu erfüllen. Das ist eine weitere Geschichte, zu der Jens Sewohl viel beitragen könnte. Als Geschäftsführer des Nienburger ASB-Kreisverbandes unterstützt er das Projekt – umso schöner für ihn, dass seine Band gerne mitzog und helfen wollte, noch mehr Wünsche in Erfüllung gehen zu lassen.

Mai 2023

Text und Fotos: Beate Ney-Janßen 

Groupies der Bluelights

Groupies: Anika Kühn, Sylvia Finkelmann und Constanze Brodka stehen vor, hinter und auf ihre musizierenden Männer.

 

 

 

 


The Bluelights – von Martinssängern zur Boygroup

 Vor mehr als 30 Jahren wurde aus Jungs-Freundschaften eine Band: Die Bluelights. Wir haben uns mit den drei Bandmitgliedern getroffen, die noch heute gelegentlich unter diesem Namen auftreten – und sie haben für uns ihr schwerwiegendes Fotoalbum aufgeschlagen. 

Einst röhrte ASB-Chef Jens Sewohl im Iron Maiden-Shirt am Bass.

 

ASB-Geschäftsführer Jens Sewohl rockt den Saal im Iron Maiden-Shirt, Dennis Kühn, Chef von Rehburgs gleichnamigem Bauträger, hat das Mikro in der Hand und die Seemannsmütze auf dem Kopf. Und der Dritte im Bunde, Benjamin Brodka, erzählt, dass er als Bandmitglied geködert wurde, dann aber in erster Linie das Equipment schleppen musste.

Lang, lang ist das her - die Bühnenpremiere der Bluelights in Rehburgs Raths-Keller liegt genau 30 Jahre zurück. Von der Boygroup zum Haupterwerb mit Rock, Punk und Schlagern hat es nicht gelangt, aber den Spaß an der Musik, den haben sie sich nicht nehmen lassen.

 Als Elfjährige beschlossen: „Wir machen ‘ne Band!“ 

„Es fing beim Martinssingen an“, erzählt Kühn lachend. Am 10. November 1989, dem elften Geburtstag Sewohls. Die beiden Jungs hatten Spaß am Singen vor den Türen und sagten sich enthusiastisch: „Wir machen ‘ne Band!“ Gesagt, getan. Immerhin hatte Kühn drei Akkorde auf der Gitarre drauf und Sewohl konnte einer Rassel melodische Geräusche entlocken.

Aus der Momentaufnahme beim Singen für Süßigkeiten wurde tatsächlich eine Band. Die beiden Kinder gründeten die „Bluelights“ und machten rund zehn Jahre und in wechselnden Besetzungen in der Meerregion von sich reden.

Mitstreiter für ihren tollkühnen Plan suchten sie sich im Freundeskreis und begannen auch, an ihren musikalischen Fähigkeiten zu feilen. Alles in allem spielten acht Teens irgendwann mal mit. 

Long long ago: Vor 30 Jahren posierten die Bluelights mit Porsche und Telefonzelle.

 Geblieben sind Kühn – Bandleader, Sänger und Gitarrist – wie auch Sewohl, der lernte, den Bass zu beherrschen. Der dritte im Bunde des seit Jahrzehnten eingeschworenen Männertrios, Brodka, stieß im fortgeschrittenen Alter von 14 Jahren zu ihnen – gelockt mit dem Versprechen, auf die Bühne zu kommen, aber dann doch noch einige Zeit hingehalten und für Roadie-Zwecke missbraucht, wie er lachend erzählt. Vergeben, vergessen – er ist jetzt der unverzichtbare Mann am Schlagzeug.

Die Musik? Mal auf Deutsch, mal auf Englisch. Viele Cover-Versionen. Von „Kreuzberger Nächte“ bis zu „Streets of London“. Je nachdem, was das Publikum hören wollte auf Geburtstagsfeiern und Gemeindefesten, auf Hochzeiten oder auch schon mal beim Sommerfest im Altenheim. 

Für Punk war das Publikum noch nicht reif 

Wenn es nur nach ihnen gegangen wäre, sagen sie, hätten sie damals Punk in die Säle gebracht. Und Rock. Gerne auch etwas härter. Lachen am Tisch, als im Album das Foto vom röhrenden Jens im Iron Maiden-Shirt erscheint. Nein, mit dem trete er bei Konzerten nicht mehr auf, sagt er. Das Shirt liebte er so heiß, dass es irgendwann auseinanderfiel.

Und welche Pläne hatten sie, als sie lässig am Sportwagen fürs Foto posierten, als sie auch unter die Komponisten gegangen waren, Kühn sich die Tolle gekonnt ins Gesicht wischte und die Groupies ausflippten, wenn die Bluelights auf die Bühne kamen? Große Pläne von Berühmtheit und Reichtum? „Wir haben das immer zum Spaß gemacht“, beteuert Kühn. Die Gagen lagen bei 100 Mark und die wurden im Imbiss nebenan auf den Kopf geschlagen. 

Der Beweis: Schon vor 30 Jahren haben die Bluelights den Rehburger Bürgersaal zum Brodeln gebracht.

 

Nun ja, ein wenig mögen sie auch geträumt haben, wenn eine Schülerzeitung, der sie sich zum Interview stellten, es richtig aufgeschnappt hat: „Wenn wir berühmt werden, dann spielen wir bis zum Tod weiter, und wenn nicht, dann nehmen wir ein Leben lang Kassetten auf!“

Kassetten – natürlich haben sie die aufgenommen. In irgendeiner Ecker schlummern sie noch. Und 1994 sind sie sogar zu einer eigenen CD gekommen. Ab in Loccums Tonstudio Boehm, drauflos gespielt - von den 1000 gepressten Exemplaren gingen nur 400 über den Ladentisch und ihr Erstling und Einstling ist den Männern mittlerweile eher peinlich. 

Für 10 Mark gibt’s die CD noch 

Nur mit viel Überredungskunst rücken sie eine der Scheiben heraus und verbinden das mit einer Warnung: Das Konzept eines Tonstudios hätten sie nicht wirklich verstanden. Überredung ist auch notwendig, um ihnen das Versprechen abzuringen, eingeschworenen Fans das Werk trotz der damit verbundenen Peinlichkeit zum Ursprungspreis von 10 Deutschen Mark noch zu überlassen. 

Erstling und Einzling: Ihre CD ist den Bluelights mittlerweile eher peinlich.

 

Just for fun – so machen sie weiter. Kühn ist nach wie vor der Kopf der Band. Der, der komponiert. In dessen Büroräumen einmal im Monat der Lärmpegel steigt, wenn sie sich zum Proben treffen. „Bis weit nach Mitternacht“, sagt Sewohl. Nicht, um jetzt doch berühmt zu werden, sondern einfach nur, weil es Spaß macht und ihre Männerfreundschaft auch nach 30 Jahren noch besteht. Auf Unterstützung können sie zählen – von ihren Fans und ihren Familien, die Verständnis für die Marotte der Männer aufbringen. Als echte Groupies haben ihre Frauen sich für die Konzerte im Bürgersaal T-Shirts mit Bekenntnissen zu ihren Männern übergezogen.

Mai 2023

Text und Fotos: Beate Ney-Janßen